Auf A(L)Bwegen
Mittwoch, 03.05.2023:
Mit „Auf A(L)Bwegen“ hatte ich mich in diesem Jahr zu meinen ersten Bikepacking Abenteuer angemeldet. Dieses Event ist die 200 Kilometer längere Variante des ALBtraum Bikepacking und beinhaltet einen zusätzlichen Schlenker bis runter zum Bodensee. Das Wortspiel passt gut zu meiner Person, da Abwege immer mal wieder zu meinem Lebenslauf gehören.
Die Schwäbische Alb passt perfekt zu meinen Vorlieben, wenn es um Regionen zum Fahrradfahren geht. Dieses in Süddeutschland gelegene Mittelgebirge erstreckt sich bis in die Schweiz hinein. Auf einer Länge von ungefähr 200 Kilometer und einer Breite von bis zu 40 Kilometer, gibt es zwölf Berge mit einer Höhe von über 1000 Meter. Ein riesiges Netz an zertifizierten Wanderwegen, darunter mehrere Fernwanderwege, durchziehen die Schwäbische Alb. Der bekannteste Fahrradweg ist wohl der 368 Kilometer lange Bike-Crossing Schwäbische Alb.
Welche Strecken werden angeboten
Beim ALBtraum Bikepacking konnten die Teilnehmer/innen zwischen drei Strecken von 350 bis 700 Kilometer auswählen. Die meisten entschieden sich für die 500 Kilometer Variante, sodass ich auf der langen Distanz leider als einziger Starter an der Startlinie stand. Dadurch würde ich jedoch, vorausgesetzt ich erreiche das Ziel, der erste Finisher sein.
Der ALBtraum Bikepacking wird von einer kleinen Gruppe leidenschaftlicher Fahrradfahrer organisiert, welche die Schwäbische Alb als Bikepacking-Erlebnis für andere zugänglich machen wollten. Wolfgang, einer der Organisatoren, kenne ich schon seit Jahren. Er gehört zu der kleinen Gruppe von Finishern, der ersten legendären Ausgabe des Eifel Gravellers. Ich freute mich besonders darauf, ihn mal wieder persönlich zu treffen. Aus diesem Grund reiste ich schon einen Tag früher an, um am Vorabtreffen der Starter/innen teilzunehmen. Diese Treffen vor dem Start gehören immer zu einem Highlight einer solchen Veranstaltung. Dort trifft man alte Bekannte oder lernt neue, fahrradverrückte Menschen kennen. Darüber hinaus ist es immer eine gute Gelegenheit ein bisschen Werbung für meinen eigenen Event, den Eifel Graveller zu betreiben.
Unsanft geweckt
Besonders lange verweilte ich an diesem Abend nicht am Lagerfeuer, da ich zeitig in meinem Bus liegen wollte, um am nächsten Morgen ausgeruht an der Startlinie zu stehen. Entgegen sonstigen Nächten vor einem Event, schlief ich ausgezeichnet, wurde jedoch gegen 5:30 Uhr vom Lärm einer Kettensäge geweckt. Wer um alles in der Welt geht so früh in den Wald, um Holz zu schneiden, ging nicht nur mir durch den Kopf, wie ich später am Start feststellte.
Da ich nun wach und an Einschlafen nicht mehr zu denken war, beschloss ich aufzustehen und mein Fahrrad fertig zu packen. Aufgrund der frühen Störung durch den Kettensägemann wurde es einer der entspanntesten Vorbereitungen vor einem solchen Event für mich. Gegen 8:00 Uhr rollte ich Richtung Startpunkt, der ungefähr 4 Kilometer von meinem Parkplatz entfernt lag. Die Temperaturen waren bereits sehr angenehm und am Startort angekommen, konnte ich die erste Schicht Fahrradkleidung ablegen. Dort erwartete mich, neben zahlreichen anderen Teilnehmern, auch ein kleines Frühstücksbuffet. Leider war der Kaffee schon komplett ausgetrunken worden, sodass aus einem zweiten Kaffee nichts wurde. Zum Glück hatte ich mir im Bus einen leckeren Milchkaffee zubereitet, sodass ich nicht ohne Koffein an der Startlinie stehen musste.
Es gab eine Fahrerbesprechung, Wolfgang hielt eine kurze Rede und nachdem einige Gruppenfotos aufgenommen worden waren, ging es pünktlich um 9:00 Uhr auf die Reise.
Da der Startpunkt oben auf der Schwäbischen Alb gelegen, direkt neben einem Segelflugplatz, führten mich die ersten 10 Kilometer fast nur bergab. Im ersten Ort Lichtenstein angekommen, ging es mit den Anstiegen los. Der Erste führte hinauf zum gleichnamigen Schloss Lichtenstein, auch bekannt als Märchenschloss Württembergs. Diese erste Herausforderung bot mir einen Vorgeschmack auf die kommenden Tage. Auch Burgen und Schlösser sollte es reichlich während meiner Reise zu bestaunen geben und jede musste von mir mit etlichen Höhenmetern erkämpft werden.
Spektakuläre Ausblicke
Dadurch eröffneten sich mir ständig spektakuläre Ausblicke hinab ins Tal oder auf atemberaubende Felsformationen. Oft führten die Wege zu Aussichtsfelsen oder es gab einfach eine Kante, hinter der es einige hundert Meter hinab ging. Menschen, die nicht schwindelfrei oder unter mangelnder Trittsicherheit leiden, sollten sich von diesen Stellen ein paar Meter Abstand halten.
Über den Himmelsberg und vorbei an der Burgruine Hohenmelchingen gelangte ich zu einem der Highlights, welche die schwäbische Alb zu bieten hat: dem Zeller Horn. Dieser Ausläufer der Albhochfläche bietet einen großartigen Panoramablick auf die Burg Hohenzollern. Mehr Postkartenblick geht nicht!
Bereits im Jahr 2018 statte ich diesem Aussichtspunkt einen Besuch ab, da er den ersten Checkpoint der Trans Germany darstellte. Damals fuhr ich von Basel kommenden in der entgegengesetzten Richtung über die Schwäbische Alb. Dennoch erkannte ich einige Orte wieder, darunter die Hütte, wo ich die erste BTG Nacht verbrachte.
An Einkaufs- und Versorgungsmöglichkeiten mangelte es an diesem ersten Tag ebenfalls nicht. Es gab zahlreiche Lebensmittelläden und Gastronomiebetriebe entlang der Strecke. Die erste Gelegenheit nutze ich in der Stadt Ratshausen. Dort versorgte ich mich im Rewe mit allerlei Bäckereisspezialitäten, Riegeln und Getränken. Dies ist einer der besten Aspekte, wenn ich den ganzen Tag auf dem Fahrrad sitze. Im Laden kannst du den ungesündesten Kram mit den meisten Kalorien kaufen und verbrennst es hinterher direkt wieder. Wobei ich zugeben muss, nach zwei bis drei Tagen hängt mir dieses ganze Zuckerzeugs aus den Ohren raus und ich freue mich auf etwas Gesundes zu essen.
Auf den höchsten Berg der Schwäbischen Alb
Hinter der Stadt Ratshausen begann der Aufstieg auf den Lemberg. Der Lemberg stellt mit 1015 Metern, den höchsten Berg der schwäbischen Alb dar. Am Westrand der Alb gelegen, steht auf seinem Gipfel ein 33 Meter hoher Stahlgerüstturm und eine Hütte des Schwäbischen Albvereins. Normalerweise bin ich immer ganz scharf darauf, jeden Turm hinaufzusteigen. Hier habe ich darauf verzichtet, denn es lag noch ein langer Weg und viele Höhenmeter vor mir. Das Erklimmen des Lembergs hatte zudem reichlich Körner gekostet. Das letzte Stück war hure steil und mit feinen Schotter bedeckt, sodass mein Hinterrad ständig durchdrehte. Da hieß es absteigen und mein schwer bepacktes Fahrrad hochschieben.
Gut gewählt
Hinter dem Lemberg erreichte ich bei Kilometer 140 die Stadt Gosheim. Hier nutze ich die Chance, meine Lebensmittel- und Getränkevorräte aufzufüllen und genehmigte mir ein warmes Abendessen. Da es wie immer schnell gehen sollte, fiel meine Wahl auf einen türkischen Pizza- und Dönerimbiss. In solchen Lokalen sind die Betreiber immer total nett zu Bikepackern und es wird ein erstklassiger Service geboten. Ob es um Strom für meine elektrischen Geräte, Wasser für meine Trinkflaschen oder W-LAN geht, alles stellt kein Problem dar. Einmal am Tag eine warme Mahlzeit, finde ich äußerst wichtig für meine Motivation und meine körperliche Leistungsfähigkeit, auf solch langen Fahrradetappen. Etwas Warmes zu essen, setzt ganz andere Kräfte frei und regeneriert meinen Körper, wie ständig nur irgendwelches kaltes Zeug in mich hineinzustopfen. Dabei sollten gerade solche Dinge wie Pizza oder Pommes schwer im Magen liegen und gar nicht dazu beitragen, anschließend gute Leistungen auf dem Fahrrad zu erbringen. Komischerweise hat es den gegenteiligen Effekt und funktioniert ganz hervorragend bei mir. Eine schlüssige Erklärung kann ich dazu nicht liefern. Zudem tut ein wenig Gesellschaft und Smalltalk sehr gut, nachdem ich den ganzen Tag alleine durch den Wald geradelt bin und darin liegt vielleicht das Geheimnis.
Nach der Stadt Gosheim führte der Track über eine alte Eisenbahntrasse, die durch einen Tunnel und über ein imposantes Viadukt führte. Hier fühlte ich mich direkt an meine Heimat, die Eifel erinnert. Auf dem Maare-Mosel-Radweg oder dem Maifeld-Radweg gibt es ähnliche faszinierende Streckenabschnitte zu bewundern.
Berge bis zum Abwinken
Der Track schraubte sich immer weiter die Alb hinauf, führte zunächst über den Dreifaltigkeitsberg und anschließend über den Hirnbuehl. Die zahlreichen Skilifte entlang der Hänge zeugten zudem von der Höhe, auf der ich mich bewegte und dass es sich hier um ein Wintersportgebiet handelte.
Am Abend wurde mir in der Nähe der Wallfahrtskirche Aggenhausen ein spektakulärer Sonnenuntergang geboten, der die ganze Alb in rotes Licht tauchte. Zudem hatte ich den Eindruck, dass ich diesen Ort bei der BTG 2018 schon mal besucht hatte, weil mir die Trails und Aussichtspunkte sehr bekannt vorkamen.
Mein Schlafplatz
Nachdem die Sonne endgültig untergegangen war, wurde es empfindlich kalt. Während die Temperatur tagsüber in der Sonne locker über dreißig Grad gelegen hatten, sanken sie jetzt auf unter zehn. Es wurde Zeit mich wärmer anzuziehen und mein Licht einzuschalten, da meine angepeilte Hütte noch nicht erreicht war. Es lagen noch ungefähr 20 Kilometer vor mir, auf denen ich noch einige Trails und etliche Höhenmeter zu überwinden hatte. Gegen 23:30 Uhr, nach 180 Kilometern und über 3.900 Höhenmeter erreichte ich endlich die Waldhütte am Mammutbaum. Doch einfach hinlegen und schlafen ist dann nicht. Zuerst musste ich meine Isomatte aufblasen, eine Tätigkeit, welche ich nach so einem langen Tag absolut ätzend finde. Um den Magen zu beschäftigen, gab es noch eine Kleinigkeit zu essen, um mich anschließend zu waschen und ganz wichtig, die empfindlichen Stellen einzucremen. Bis ich mich in meinen warmen Schlafsack kuscheln konnte, dauert es nochmal eine halbe Stunde. Das Einschlafen geht bei mir dann immer ziemlich fix. Zweimal hin und her gedreht und ich bin in das Reich der Träume entschwunden, so auch nach diesem langen Tag auf dem Fahrrad.
Donnerstag, 04.05.2023:
Am nächsten Morgen weckte mich schönster Sonnenschein, welcher schon zwischen den Bäumen hindurchschien. Zum Aufstehen fehlte mir allerdings noch die Lust, lieber drehte ich mich auf meiner Luftmatratze herum und genoss noch ein Weilchen meinen warmen Schlafsack. Da ich der einzige Fahrer auf der langen Distanz war und es kein richtiges Tracking gab, bestand keine Notwendigkeit zur Eile. Ansonsten, das muss ich zugeben, gilt mein erster Blick am Morgen der Trackingseite. Wo befinden sich die anderen Teilnehmer, sind sie schon losgefahren und wer ist in meiner Nähe. Beim ALBtraum Bikepacking war mein Plan allerdings von Anfang an, das Ganze ruhig anzugehen und nicht zu racen. Die Fahrt sollte eine Mischung zwischen Event und Urlaub werden. Deshalb schälte ich mich erst gegen 7:30 Uhr aus meinem Schlafsack und eine halbe Stunde später war ich Abfahrt bereit.
Die erste Challenge gemeistert
Wie jeden Morgen besteht die erste Challenge beim Bikepacken darin, eine Bäckerei zu finden. An diesem Tag sollte ich im Ort Emmingen schnell fündig werden und gönnte mir dort ein großes Frühstück mit reichlich Kaffee. Dazu verschwanden noch zwei Teilchen in meine Fahrradtaschen und endlich konnte meine Tour durch die Schwäbische Alb weitergehen.
Heute sollte mich der Track bis in die Schweiz und hinunter zum Bodensee führen. Zudem war Pfingstsonntag, wodurch die Geschäfte geschlossen und unterwegs bestimmt die Hölle los sein würde, was Wanderer und Fahrradfahrer betraf. Die Vorzeichen deuteten darauf hin, dass es ein ereignisreicher und anstrengender Tag auf dem Fahrrad werden würde.
Es wird ein bisschen langweilig
Der erste Teil des Tages führte mich hauptsächlich über Feld- und Wirtschaftswege, die zum größtenteils asphaltiert waren. Der Streckenverlauf hatte eine Art Wellenprofil, was die Höhenmeter anging. Ich fuhr einen Hügel hinauf und sauste auf der anderen Seite im Auflieger hinunter. Auf Dauer ist diese Art der Fortbewegung äußerst ermüdend, weniger für meine Beine, sondern viel mehr für meinen Kopf. Ständig nur Felder und Wiesen vor Augen nagt schwer an meiner Motivation. Mir fehlen einfach die Highlights, ein bisschen Ablenkung und Abwechslung. Wahrscheinlich ist genau das der Grund, warum ich Bikepacken nur Offroad betreibe und noch nie an einer Straßenveranstaltung teilgenommen habe. Die Vorstellung, den ganzen Tag nur über Straßen zu fahren und Kilometer zu „fressen“, löst bei mir absolut keine Begeisterung aus.
Irgendwann war jedoch diese Phase überwunden und mit der Ruine Hohenhewen galt es den ersten richtig steilen Berg zu erklimmen. Wie schon am Lemberg, musste ich das letzte Stück mein Fahrrad schieben. Es war einfach zu steil und der Schotter für meine Reifen zu locker. Oben an der Ruine angekommen, führte eine Stahlwendeltreppe hinauf auf den ehemaligen Turm der Burg und bot einen traumhaften Blick über die umliegende Landschaft.
Wo ist der Track?
Inzwischen waren die Temperaturen deutlich gestiegen und die Sonne trieb mir den Schweiß auf die Stirn bei der Anfahrt zum Hohenstoffeln, dem nächsten Berg auf meinem Weg. Aus dem Tal kommend ging es steil einen Hang hinauf, wobei der Weg leider völlig zugewachsen und die Wiesen noch nicht gemäht worden waren. Wieder hieß es schieben, dieses Mal in der prallen Sonne. Nachdem ich das Wiesenstück hinter mich gebracht hatte und in den Wald gelangt war, sollte der Track nach links abbiegen und weiter den Berg hinaufführen. Bedauerlicherweise war an dieser Stelle absolut kein Weg zu finden, selbst nachdem ich ein Stück auf dem Track zurückgefahren war, brachte mich das bei meiner Wegfindung nicht weiter. Deshalb beschloss ich dem Feldweg zu folgen und an einer späteren Stelle eine Möglichkeit zu finden, um auf den Hohenstoffeln zu gelangen. Bedauerlicherweise erwies sich meine Entscheidung als ziemlich suboptimal. Der Track wurde immer schmaler, bis er nur noch aus einem etwa 30 Zentimeter breiten Wanderweg bestand, welcher mit Steine und Wurzeln übersät war und unfahrbar war. Noch schlimmer waren die Brennnesseln, welche rechts und links bis auf Hüfthöhe wuchsen. Da der Weg nicht breit genug war, damit ich und mein Fahrrad nebeneinander auf den Weg passten, musste ich mein Mountainbike durch die Brennnesseln schieben und immer wieder über Hindernisse heben. Obwohl ich versuchte, vorsichtig zu sein, erwischten mich viele Brennnesseln. Meine Beine brannten und kribbelten noch lange Zeit später und meine Gefluche könnte ihr euch bestimmt lebhaft vorstellen.
Hinter der Burg Hohenklingen war dann endlich Schluss mit den Burgen und dem ständigen Klettern. Die Schweiz erreicht ich danach in Windeseile und was finde ich als Erstes in diesem Land als? Einen offenen Supermarkt an einem Pfingstsonntag. Da waren mir die Preise in der Schweiz dann ziemliche egal und ich füllte großzügig meine Vorräte auf. Wie so oft auf meinen Touren, schleppe ich fast immer das Doppelte an Lebensmittel und Getränke in meinen Taschen mit mir herum, wie ich eigentlich benötigte. Warum ich immer so eine Panik vor dem „Hungertod“ auf meinen Bikepackingtouren habe, ich kann es nicht beantworten.
Der Bodensee ist erreicht
Mein Aufenthalt in der Schweiz war nur von kurzer Dauer, denn mit Radolfzell erreichte ich endlich den Bodensee und war wieder in Deutschland. Dort erwartete mich der krasse Gegensatz zu meinen ruhigen Tagen und Nächten in der Natur. Aufgrund von Pfingstsonntag und dem schönen Wetter war es dort unglaublich voll. Vor allem direkt am Wasser lagen die Menschen zu hunderten herum und es herrschte ohrenbetäubender Lärm. Eine Stelle zu finden, an der ich ein Foto von meinem Fahrrad mit Bodensee aufnehmen konnte, war fast unmöglich. Selbst mein Besuch in der von Wolfgang empfohlen Pizzeria bot keine wirkliche Entspannung und Ruhe. So schön und idyllisch Radolfzell am Bodensee auch war, fühlte ich mich erst wieder wohl, nachdem ich auf meinem Fahrrad saß und meine Reise fortsetzte.
Eine Weile ging es noch flach durch verschiedene Ortschaften am Bodensee. Mir wurden noch ein einige herrliche Blicke über den See geboten, bevor es bergauf und wieder Richtung Schwäbische Alb ging. Den Scheitelpunkt meiner Reise hatte ich erreicht und von nun an ging es Richtung Ziel.
Mittlerweile war es bereits 20:00 Uhr und bis zu meiner angepeilten Hütte fast noch 50 Kilometer zu fahren. Aufgrund der vielen Berge und Höhenmeter war ich erst 120 Kilometer weit gekommen und es würde ein langer Tag werden. Nachdem die Sonne untergegangen war, wurde es zudem empfindlich kalt und damit meine Motivation nicht gänzlich in den Keller sank, hatte ich ganz schön zu tricksen. In solchen Situationen hilft es mir sehr, mich nur auf die nächsten 10 Kilometer zu konzentrieren. Diese fahre ich Kilometer für Kilometer herunter und fange wieder bei 10 an. Zudem hilft mir die Vorstellung, wie weit diese Strecke auf einer mir bekannten Route wäre. Am besten entlang der Mosel, wo ich die Abstände zwischen den Ortschaften und die Straßen genau kenne.
Ansonsten helfen mir eine Tüte saure Zootiere oder salzige Nüsse ganz gut. Irgendeine orale Befriedigung, um mich abzulenken und zu motivieren.
Am Ende wird alles gut
Trotz allem gestaltete sich der Weg bis zur Hütte lang und zäh, da er nicht flach verlief, sondern noch mit einigen Höhenmetern gespickt war. Umso größer war meine Freunde, nachdem ich schließlich nach 170 Kilometern und 3.330 Höhenmetern meinem Schlafplatz erreichte und vor allem durchgehalten hatte.
Nachdem ich den üblichen Abendritualen vor dem Schlafengehen beim Bikepacken nachgegangen war, dauert es keine zehn Minuten und ich war tief und fest am Schnorcheln.
Freitag, 05.05.2023:
Die Nacht hatte ich bei sternenklarem Himmel sehr gut geschlafen. Am Morgen fühlte ich mich trotzdem, als wäre ich am Tag vorher in eine Schlägerei geraten. Mein ganzer Körper schmerzte, ich war völlig steif und meine Augen waren geschwollen. Nachdem ich endlich aus dem Schlafsack gekrochen war, mich ausgiebig gereckt und gestreckt hatte, setze ich mich auf die Bank und gönnte mir das Streuselteilchen, welches noch vom Vortag übrig war.
Danach zog ich mich in aller Ruhe an, packte meine Sachen zusammen und startete den Track auf meinem Garmin. Auf dem Fahrrad lief es nicht viel besser als nach dem Aufstehen. Meine Beine waren schwer, der Kopf leer und es rollte gar nicht gut. Da half nur langsam weiter treten, mein Tempo finden und ruhig bleiben. Obwohl solche Situationen unschön und frustrierend für mich sind, weiß ich genau, dass sie vorübergehen und mein Körper sich erholen wird.
Ein Motivationstief
Eine große Motivation am Morgen ist für mich immer die Aussicht auf eine Bäckerei, in der es ein leckeres Frühstück und vor allem Kaffee gibt. Leider war diese an diesem Pfingstmontag nicht geöffnet und ich stand vor der verschlossenen Tür. Zudem waren meine Trinkflaschen fast leer und meine Stimmung erreichte ihren Tiefpunkt. In solchen Momenten frage ich mich dann schon, was ich hier überhaupt treibe und ob ich nicht langsam zu alt für diesen Scheiß bin?
Das Blatt wendet sich
Doch genauso schnell kann sich das Blatt wenden und so kam es an diesem Morgen. Gegenüber der Bäckerei sah ich die Nachbarsfrau, die ihre Blumen mit einem Wasserschlauch goss. Ich ging schnell hinüber, sagte guten Morgen und fragte, ob ich meine Flaschen auffüllen dürfte. Zuerst schaute sie mich ein bisschen verdutzt an und meinte, das wäre kein Trinkwasser. Sie bot mir jedoch an, mir welches aus dem Haus zu holen. Nachdem sie zurückgekehrt war, kamen wir ein bisschen darüber ins Gespräch, was ich hier mache und suche. Nachdem ich mir meine Situation mit der Bäckerei erklärt hatte, bot sie mir an, mir einen Kaffee zu kochen. Dieses großzügige Angebot nahm ich sofort dankend an, wurde auf ihre Terrasse eingeladen und meine Situation hatte sich um 180 Grad gedreht.
Es läuft wieder wie geschmiert
Nachdem ich mich verabschiedet und nochmals bedankt hatte, lief es mit dem Fahrrad fahren wieder wie geschnitten Brot. Es ist schon erstaunlich, wie eine Begegnung oder das Meistern einer Situation, alles drehen und verändern kann. Genau das macht Bikepacken aus, Freunde und Leid liegen so dicht beieinander und ständig kann alles passieren.
Der Track wurde nun von Kilometer für Kilometer schöner, denn ich hatte das obere Donautal erreicht. Dieser Tag sollte, um es schon vorwegzunehmen, der Tag der Täler werden.
Zu Beginn führte mich der Track entlang des oberen Rands auf der rechten Seite des Donautals. Dadurch boten sich mir ständig tolle Einblicke hinab auf die Donau oder die beeindruckenden Felsformationen an den gegenüberliegenden Hängen. Von einem besonders schönen Aussichtspunkt aus konnte ich das majestätische Schloss Bronnen bewundern, welches hoch über der Donau thronte.
Der Biergarten und die Gastronomie auf der Burg Wildenstein, die ich kurze Zeit später erreichte, hatten leider noch geschlossen. Daher musste ich mich mit den drei Automaten begnügen, um an diesem Morgen etwas zum Frühstücken zu bekommen. Anschließend ging es endlich bergab und ich erreichte die Donau. Mittlerweile waren die Temperaturen deutlich gestiegen und es war einfach nur herrlich, am Donauufer entlangzuradeln. Allerdings waren dort auch viele Fahrräder und vor allem meine Freunde, die E-Biker, reichlich unterwegs. Obwohl der Radweg entlang der Donau und der Anblick der vielen Felsen wunderschön waren, ich empfand es als sehr stressig und überfüllt.
Von der Donau bog ich in das Schmeietal ab, durch das sich der gleichnamige Fluss schlängelt. Zuerst fuhr ich einen herrlichen Trail entlang, bevor mich ein gut ausgebauter Radweg weiter durch das traumhafte Tal führte. Kurz hinter Oberschmeien bog der Track rechts ab ins Zuschental. Dieses führte mich bergauf und auf der anderen Seite hinunter zur Lauchert. Dem Fluss folgte ich viele Kilometer lang und fand in dem Ort Jungnau sogar einen geöffneten Lebensmittelladen mit einem sehr gut sortierten Angebot. Das Besondere an diesem Geschäft war, es gab überhaupt keine Angestellte. Alle Einkäufe mussten am Ausgang selber gescannt und anschließend bezahlt werden. So etwas funktioniert wohl nur auf dem Land, in der Stadt hätten sie dieses Geschäft vermutlich in kürzester Zeit leergeräumt, ohne zu bezahlen. Vor dem Geschäft traf ich noch ein junges Pärchen, das ebenfalls mit ihren bepackten Fahrrädern unterwegs war und sich genau wie ich über den Laden freuten.
Ein Tal folgt auf das andere
Der Lauchert folgte ich noch eine ganze Weile, bis ich in das nächste kleine Tal mit dem Fluss Fehla abbog. Dieser führte mich bis in die Stadt Gammertingen, wo ich mir aufgrund der hohen Temperaturen noch ein Eis gönnte. Die Versorgungslage an Getränken und Lebensmitteln war an diesem Pfingstmontag wirklich ein Traum. Gerade dieser Abschnitt hatte mir im Vorfeld ein wenig Kopfschmerzen bereitet, was meine Vorräte anging. Zu meiner großen Freunde stellte ich fest, dass dies völlig unbegründet war.
Nach der Stadt Gammertingen folgte in Zwiefalten das Zwiefaltener Münster Unserer Lieben Frau. Diese barocke Kirche, die bis ins Jahr 1803 Klosterkirche der Benediktinerabtei Zwiefalten war, diente ab 1812 als Pfarr- & Wallfahrtskirche. Das imposante Bauwerk ist wirklich einen Abstecher wert. Auf der Schwäbischen Alb mangelt es wirklich nicht an Klöstern, Kirchen und Kapellen. Die Anzahl an Kreuzen, egal welcher Bauart und Form, welche in der Landschaft stehen, ist schier unbegrenzt. Die Eifel, aus der ich komme, war auch schon immer eine sehr gut katholische Gegend und überall stehen Zeugnisse dieses Glaubens. Allerdings übertrifft die Schwäbische Alb dies bei weitem oder es leben dort die größeren Sünder?
Nach Zwiefalten erwartete mich ein wirklich fieser Anstieg. Er war ewig lang, führte schnurgerade aus und wurde immer steiler. An dieser Stelle würde ich den Track direkt runter an die Donau führen, dieser folgen und in Rechtenstein wieder auf den Track einbiegen. Diesen Schlenker kann man sich echt sparen!
Von Rechtenstein aus folgte ich der Donau bis Obermarchtal, wo sich das nächste Kloster befand. Die Klosteranlage Obermarchtal und der Blick hinunter auf die Donau waren den erneuten Abstecher allerdings völlig wert und verdienen einen Daumen hoch von mir.
Wieder an der Donau
Hinter dem Kloster Obermarchtal verließ ich die Donau und folgte ein Stück der Großen Lauter. Wenige Kilometer später in Lauterbach führte der Weg schon wieder den Berg hinauf und ich fragte mich, warum folgen wir nicht einfach dem Fluss und es geht mal ein bisschen flowiger voran?
Doch ich wurde eines Besseren belehrt und mehr als entschädigt für meine Kletterei. Nach einer erneuten Abfahrt landete ich im Wolfstal und es verschlug mir die Sprache. Ein breiter, leicht abfallender Waldweg führte durch ein Tal, das mich an einen Urwald erinnerte. Immer wieder schlängelte sich der Weg an riesigen Felsen vorbei oder zwischen Felsformationen hindurch, alles war grün und völlig bewachsen. Das Wolfstal stellte an diesem Tag mein absolutes Highlight dar und leider endet dieses große Vergnügen nach drei Kilometern viel zu früh.
Nun war ich zurück an der Großen Lauter und folgte dem Fluss. Im ganzen Tal roch es nach Heu oder frisch gemähten Gras. Ich konnte gar nicht genug atmen und Luft holen, um diesen Sommergeruch in mich aufzusaugen, auf den ich in diesem Jahr so lange gewartet hatte. In diesem Moment war die Welt perfekt und ich mittendrin.
Eine überraschende Begegnung
Im Ort Indelhausen sah ich an einer Hecke ein bepacktes Mountainbike neben einer Gaststätte stehen und schaute aus Neugierde auf die Terrasse des Biergartens. Dort saß Wolfgang, ein Teilnehmer des ALbtraum Bikepacking, den ich am Freitag auf dem Vorabtreffen kennengelernt hatte. Das war natürlich eine schöne Überraschung und ich nutze die Gelegenheit, um ein bisschen zu quatschen und etwas Warmes zu essen. Mittlerweile war es schon 19 Uhr und Zeit für ein richtiges Abendessen. Wolfgang hatte bereits Feierabend gemacht und wollte sein Zelt auf einer Wiese am Ortsrand aufbauen. Mir war es noch viel zu früh und da es mittlerweile so gut lief auf dem Rad, wollte ich unbedingt noch ein paar Kilometer abreißen.
Zuerst verputzte ich allerdings einen großen Teller Käsespätzle und spülte das Ganze mit einem großen alkoholfreien Bier hinunter, bevor ich mich von Wolfgang verabschiedete und mich wieder auf mein Mountainbike schwang.
Mit der Burg Derneck erreichte ich einige Kilometer später die letzte Burg des heutigen Tages und verließ in Bichishausen das große Lautertal.
Nun ging es wieder bergauf und anschließend führte mich der Track über Felder und durch kleine Wälder weiter über die schwäbische Alb. Mittlerweile beleuchtete meine Narbendynamolampe mir wieder den Weg, da die Dunkelheit eingesetzt hatte. Außerdem wäre es an der Zeit gewesen, mir wärmere Kleidung anzuziehen. Da ich jedoch keine Bank oder ein geeignetes Plätzchen fand, fuhr ich noch ein Tal hinunter und kühlte dabei komplett aus. Dies war richtiger Anfängerfehler, da ich nach meinem Kleidungswechsel ewig benötigte bis mir wieder warm wurde. Zudem spürte ich jetzt meine Oberschenkel richtig und mir taten meine Knie weh. Meine Knie sollte ich noch die ganze Nacht spüren, sobald ich aufwachte.
Meine Achillesferse
Kälte und Regen sind beim Fahrradfahren meine Achillesferse, denn unter diesen Bedingungen, fällt es mir sehr schwer, meine Muskeln und meinen Körper warm zu bekommen und zu halten. Egal, was ich anziehe oder esse, mir bleibt ständig kalt.
Zum Glück war es nicht mehr weit bis zu der Hütte, die ich anvisiert hatte. Diese lag hinter der Stadt Schelklingen im Höllental. Der Zustand der Hütte entsprach dem Namen des Tals. Sie war ganz schön in die Jahre gekommen, ziemlich schmutzig und es gab keinen Handyempfang. Leider gab es laut meiner Wegpunktliste keine Alternative, da sie weit und breit die einzige Hütte darstellte. Zu diesem Zeitpunkt zeigte mein Fahrradcomputer schon über 200 Kilometer und 2.600 Höhenmeter an, sodass ich keine Lust verspürte weiterzufahren. Ich wollte nur noch in meinen Schlafsack kriechen.
So blieb mir nichts anderes übrig, als ein bisschen Ordnung in der Hütte zu schaffen und sauberzumachen. Anschließend breitete ich meine Zeltunterlage aus, auf die ich meine ganzen Sachen legen konnte. Alles in allem war mein Schlafplatz dann doch nicht so schlimm, wie ich anfangs befürchtet hatte. Dank der Lage in diesem engen Tal, war es die ganze Nacht totenstill und stockdunkel.
Samstag, 06.05.2023:
Mein Erwachen am nächsten Morgen gestaltete sich wesentlich angenehmer als am Vortag, obwohl ich meine Knie immer noch spürte. Doch da ich wusste, heute würde ich finishen, konnte mir das nicht viel anhaben. Gut gelaunt, packte ich meine Sachen, machte mich fertig und begab mich auf die letzte Etappe über die schwäbische Alb.
Der Sagenumwobene Blautopf
Nach zehn Kilometern erreichte ich die Stadt Blaubeuren, mit ihrem sagenumwobenen Blautopf. Die Stadt ist besonders bekannt für ihre Achgasse, die mit ihren kleinen Brücken und Fachwerkhäusern ein bisschen an „klein Venedig“ erinnert. Der sagenumwobene Blautopf ist eine Karstquelle, aus der die 22 Kilometer lange Blau entspringt. Je nach Lichteinfall leuchtet das Wasser dieser Quelle in strahlendem blau. Besonders fasziniert hat mich die malerische Wassermühle mit ihrem riesigen Mühlrad und erinnerte mich sofort an den Schwarzwald.
Wobei alleine von schöner Natur und tollen Highlights kann der Mensch auch nicht leben und es zog mich stattdessen in die nächste Bäckerei. Da die Pfingstfeiertage vorbei waren und es sich um einen ganz normalen Werktag handelte, stellte dies am heutigen Tag kein großes Problem dar. Nach einem ausgiebigen Frühstück und Toilettenbesuch ging es weiter Richtung ehemaligen Truppenübungsplatz Münsingen.
Der Truppenübungsplatz Münsingen
Bereits während meiner Vorbereitungen auf den ALBtraum Bikepacking war ich auf diesen und seine Highlights aufmerksam geworden. Der ehemalige Truppenübungsplatz Münsingen liegt im sogenannten Münsinger Hardt. Durch die militärische Nutzung weitgehend von Siedlung, Straßenbau und intensiver wirtschaftlicher Nutzung verschont, konnte sich hier eine parkähnliche Weidelandschaft entwickeln.
Gegründet wurde der Münsinger Truppenübungsplatz im Jahre 1890 und wurde während des Dritten Reiches auf eine Größe von 6.700 Hektar ausgebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel der Truppenübungsplatz unter französische Regie und wurde ab den 1960er Jahren von der Bundeswehr genutzt. 2005 endete die militärische Nutzung und das Areal wurde zum Herzstück des Biosphärengebietes Schwäbische Alb und wurde im Jahre 2007 als Kulturdenkmal eingestuft.
Besonders der Aussichtsturm Hurch, einer der vielen ehemaligen Beobachtungstürme hatte es mir angetan, weist er eine Höhe von 42 Metern auf. Ähnlich wie auf dem Truppenübungsplatz Wollseifen in der Eifel gibt es auch hier, mit dem verlassenen Dorf Gruorn, einen faszinierenden Lost Place. Wobei von dem ehemaligen Dorf Gruorn nur noch das alte Schulhaus und die Kirche des Ortes erhalten ist.
Der ehemalige Truppenübungsplatz Münsingen darf nur auf den ausgeschilderten Wegen betreten werden, da das gesamte Gelände mit Munition und sonstigen Kampfstoffen belastet ist. Selbst die meisten Schotter- und Waldwege dürfen weder betreten noch befahren werden. Aus meiner Sicht ist das Fahrrad die ideale Möglichkeit, den Truppenübungsplatz zu erkunden, da das Gelände ansonsten zu groß und weitläufig ist.
Auf zum Endspurt
Nachdem ich den Truppenübungsplatz Münsingen verlassen und mich im Dorf Donnstetten in einem kleinen Tante-Emma-Laden nochmals verpflegt hatte, stellte die Burg Reußenstein mein nächstes Ziel dar. Hoch über dem Neidlinger Tal gelegen, thront die Burg Reußenstein kühn auf einem Felsen und bietet ein traumhaftes Fotomotiv.
Im weiteren Verlauf meiner letzten Etappe auf der schwäbischen Alp erreichte ich einen tollen Aussichtspunkt nach dem anderen. Da wäre die Bernsteiner Klippe, der Breitenstein und der Rutschenfelsen zu nennen. Besonders der Aussichtspunkt in Hülben, auf dem eine riesige Brille errichtet wurde, eignet sich hervorragend als Fotomotiv.
Mit den Burgen Hohenneuffen und Tek sorgte dieser Tag wieder für reichlich Höhenmeter. Teilweise erreichte ich diese mittelalterlichen Bauwerke wieder nur durch Schieben meines Fahrrads. Am vierten Tag fehlten mir so langsam die Beine, um die langen und steilen Rampen zu bewältigen.
Hier war ich doch schonmal
Mit der Fachwerkstadt Bad Urach ergab sich die Gelegenheit, mich erneut zu stärken. Für eine schöne Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen am Nachmittag bin ich immer zu haben. Viel angeschaut habe ich mir in Bad Urach nicht mehr, lieber wollte ich die letzten Kilometer hinter mich bringen und endlich das Ziel erreichen. Wobei ich die ganze Zeit grübelte, warum mir diese Stadt so bekannt vorkam. Beim Verlassen von Bad Urach fiel es mir wie Schuppen von den Augen, denn dort ist die Firma Magura beheimatet, welche hydraulische Fahrradbremsen herstellt. Im Jahr 2018, anlässlich meiner Teilnahme an der Trans Germany, bin ich schon mal durch diese Stadt geradelt und an dem Fabrikgebäude vorbeigekommen.
Hinter Bad Urach erreichte ich den letzten Anstieg, welchen ich beim ALPtraum Bikepacking zu meistern hatte. Dieser war nochmal richtig herausfordernd, was Länge und die Prozente der Steigung betraf. Doch mit dem Gefühl, dass ich bald das Ziel erreichen, stellte dieser kein großes Hindernis mehr für mich dar.
Die Belohnung im Höllenloch
Etwa zwei Kilometer vor dem Ziel galt es noch in das Höllenloch hinabzusteigen. Diese Felsformationen erinnerten mich stark an die Teufelsschlucht bei Echternach und das Müllerthal. Über eine Leiter stieg ich hinab in eine Art Hölle, wo Wolfgang eine große Plastikdose versteckt hatte, in der sich die Finishermediallen befanden. Ich musste ganz schön suchen, bin nochmals die Leiter hoch und runter, bevor ich fündig wurde. Eine wirklich tolle Überraschung, welche sich das Organisationsteam da ausgedacht hatte. Die Medaille wird einen Ehrenplatz an der Pinnwand in meinem Bus bekommen.
Nach diesem letzten Abenteuer im Höllenloch erreichte ich so gegen 17:00 Uhr wieder den Segelflugplatz Roßfeld und somit das Ziel. Dort durfte ich noch dem Schauspiel beiwohnen, wie ein Segelflugzeug mit einer Seilwinde in die Luft katapultiert wurde. Um ehrlich zu sein, in dem Flugzeug hätte ich nicht sitzen wollen. Die Geschwindigkeit und wie rasch das Segelflugzeug an Höhe gewann, wären meinem Magen bestimmt nicht gut bekommen.
Vom Zielort aus fuhr ich noch die vier Kilometer zurück zum Parkplatz, wo ich meinen Bus abgestellt hatte und fiel erst einmal überglücklich in meinen Campingstuhl. Nachdem ich mich gründlich gewaschen und mir einen schönen Milchkaffee gekocht hatte, zog ich mal Bilanz meines Abenteuers auf der Schwäbischen Alb.
Danksagung
Am heutigen Tag standen nochmal 130 Kilometer und 2.500 Höhenmeter auf meinem Fahrradcomputer. Insgesamt hatte ich damit in 3 Tagen und 8 Stunden eine Entfernung von 685 Kilometern und 12.300 Höhenmetern zurückgelegt.
Zum Schluss möchte ich noch dem ganzen Orga-Team des ALBtraum Bikepacking ein ganz großes Lob aussprechen, für das tolle Vorabtreffen und den fantastischen Track. Ich weiß genau, wie viel Arbeit und Herzblut in so einem Event stecken, dieses alles ehrenamtlich und in der Freizeit. Vielen Dank!