Kalte Tage im Black Forest!

Montag (12.10.21) bis Mittwoch (14.10.21):

Es ist schon ein bisschen verrückt, dass ich lieber bei 3 Grad mit meinem Bus irgendwo auf einem Waldparkplatz stehe, anstatt mich in meinem Haus mit Zentralheizung und dem ganzen dekadenten Luxus aufzuhalten. Solche Dinge wie fließendes warmes Wasser, Strom zu jeder Zeit im Überfluss, einen gut gefüllten Kühlschrank, schnelles Internet und alle die ganzen anderen Annehmlichkeiten, welche wir in diesem Land für selbstverständlich erachten. Dabei sei angemerkt, mein Bus verfügt über keine Standheizung, sondern ich habe nur einen kleinen Gasofen. Diesen schalte ich bei Bedarf an, damit es ein bisschen warm wird in meinem Bus.

Was ist der Grund oder sind die Gründe dafür, dass ich ein einfaches und reduziertes Leben viel besser, erstrebenswerter und befriedigender finde, wie dieses normale anerkannte Lebensmodell, welches in diesem Land vorherrscht. Wieso liebe ich diese frei Art zu leben so sehr? Vor allem beschäftigt mich in der letzten Zeit immer mehr die Frage, wie kann ich es schaffen dauerhaft so zu leben und nicht ständig in dieses andere Leben zurück zu müssen?
Wobei ich mir vorher wohl die zentrale Frage beantworten muss, warum fühle ich mich nie wirklich zu Hause? Was ist der wirkliche Grund, weshalb ich so gerne unterwegs und nicht “greifbar” bin?
Wo ich eigentlich ein Mensch bin, der große Sicherheit und Struktur benötigt. Bei dem hinter vielen, was ich schon so mit mir veranstaltet habe und durchmachen musste, Verlust- und Existenzangst steckt.
Ist es wieder diese, welche hinter meinen Wunsch nach Freiheit und diesem alternativen Leben steckt, auch wenn sich das im ersten Moment widersprüchlich anhört? Denn wer wenig besitzt, einfach und reduziert lebt, der kann auch wenig verlieren und enttäuscht werden.
Hebt dieses unterwegs sein und keinen festen Platz zu haben, dieses mich lost und alleine fühlen auf, welches ich oft zu Hause empfinde. Denn wohl jeder, der unterwegs ist, fühlt sich ein bisschen verloren in der Fremde, kämpft mit den Herausforderungen des Neuen und Unbekannten. Oder fühle ich mich zu Hause überhaupt nicht alleine und verloren, sondern es ist nur der Wunsch neues zu entdecken, frei zu sein und ein selbstbestimmtes Leben zu führen?

Manchmal kommt es mir so vor, als wäre ich in die Bulimie, die Anorexie, die Angststörung und die Depressionen nur deshalb hineingerutscht, weil ich einfach nicht so gelebt habe, wie es meiner Natur entspricht. Mich versucht habe mit einem Leben zu arrangieren, welches einfach nicht meins war und zu mir passt?
Vielleicht will ich mich mit meinen fast fünfzig Jahren immer noch nicht festlegen, Träumen und Vorstellungen nachjagen und ein passendes Leben für mich finden?

So könnte ich mir noch tausend Fragen stellen, welche aber den völlig falschen Ansatz darstellen, wie mir mittlerweile klar geworden ist.
Diese Fragen zäumen das Pferd von hinten auf oder besser gesagt, sie hinterfragen aus einer negativen Perspektive heraus. Bei dieser Art der Reflexion sieht es so aus, als würde ich mir selbst nicht trauen und zweifele mich und meine Motive an.
Anstatt Fragen zu stellen, wäre es doch viel besser, das Ganze als Feststellung und einen Prozess zu sehen!
Anstatt zu hinterfragen, warum ich diese Art zu leben so gut finde, was ich damit vielleicht kompensieren möchte oder welche Ungereimtheiten darin verborgen sind, sollte ich es vielleicht einfach annehmen.

Mich freuen, was ich da für mich gefunden habe und es nicht direkt wieder zerdenken und anzweifeln.
Dies ist leider etwas, was ich sehr gut kann und generell in diesem Land sehr beliebt ist. Da wird nicht in erster Linie die Chance gesehen, was es an Weiterentwicklung und Verwirklichung bedeuten kann, sondern nur die Abweichung von der Norm und vor allem die Gefahr des Scheiterns wird gesehen. Dabei bin ich schon ziemlich oft gescheitert, ein paar Mal tief gefallen und sehr weit unten gewesen aber ich habe mich immer berappelt. Mir einen neuen Plan ausgedacht und diesen ziemlich straight und akribisch verfolgt.

Vor allem ist alles ein Prozess, nichts passiert oder funktioniert von heute auf Morgen. Hinter allem steckt eine Entwicklung, viel Arbeit und jede Menge kleine Schritte.
Ich muss einfach nur diesen Weg, meinen Weg, unbeirrt weitergehen. Immer weiter an mir arbeiten. Mir nicht zu viel von rechts und links reinreden lassen. Wenn dann nur von Menschen, welche ich respektiere und die mir etwas bedeuten.

Dabei wollte ich eigentlich heute über Guidos und meinen Ausflug in den Schwarzwald schreiben und von unseren Mountainbiketouren hier berichten. Aber das oben von mir angeschnittene Thema, beschäftigt mich schon seit längerer Zeit, ist immer noch nicht so ganz greifbar für mich, aber ein paar Gedanken dazu, mussten mal raus, damit sie nicht nur in meinem Kopf drehen. Ich musste diese mal schwarz auf weiß sehen, damit sie mal raus sind und ich damit weiter kommen kann.
Über unseren Urlaub und unsere Abenteuer hier im Schwarzwald werde ich beim nächsten Mal schreiben und berichten, denn mit meinem Lieblingsbelgier ein paar Tage wegzufahren, ist immer ein Highlight und ein ganz großes Fest für mich.

Donnerstag (15.10.21) bis Freitag (16.10.21):

Es ist schon ein bisschen verrückt, dass ich lieber bei 3 Grad mit meinem Bus irgendwo auf einem Waldparkplatz stehe, anstatt mich in meinem Haus mit Zentralheizung und dem ganzen dekadenten Luxus aufzuhalten. Solche Dinge wie fließendes warmes Wasser, Strom zu jeder Zeit im Überfluss, einen gut gefüllten Kühlschrank, schnelles Internet und alle die ganzen anderen Annehmlichkeiten, welche wir in diesem Land für selbstverständlich erachten. Dabei sei angemerkt, mein Bus verfügt über keine Standheizung, sondern ich habe nur einen kleinen Gasofen. Diesen schalte ich bei Bedarf an, damit es ein bisschen warm wird in meinem Bus.

Da auf meinem Urlaubskonto noch ein paar Tage übrig waren und mein Lieblingsbelgier angefragt hatte, ob wir nicht ein bisschen zusammen Fahrradfahren wollen, ging es recht kurzentschlossen in den Schwarzwald. Unser ursprünglicher Plan war das Sauerland, diesen Versuch hatten wir vor einigen Monaten schon einmal unternommen. Damals sind wir beim Radfahren allerdings fast ertrunken dort, so hat es geregnet und wir haben die Aktion abgebrochen. Auch für die letzte Woche war wieder solches Wetter im Sauerland gemeldet und dieses Mal haben wir es erst gar nicht probiert.
Das Sauerland und der Bayrischerwald wehren sich in diesem Jahr vehement gegen einen Besuch von uns. Aber wir sind wie die Borg, “Widerstand ist zwecklos” und irgendwann werden sie assimiliert. Im nächsten Jahr schlagen wir zu!

Auf den Schwarzwald bin ich allerdings schon lange scharf, diesen mal genauer zu erkunden und zu durchstreifen. Er liegt leider nicht direkt neben der Mosel, sodass es schon ein paar mehr freie Tage sein müssen, damit sich die Fahrt dorthin lohnt.
Der Schwarzwald ist schon eine andere Nummer wie die Eifel, das muss selbst so ein Eifelfan wie ich zugeben und anerkennen. Die Anzahl der Täler, Berge und Anstiege ist schier unbegrenzt, so scheint es und sucht seinesgleichen. Vor allem, wenn man auf Höhenmeter steht, kommt man dort voll auf seine Kosten und die sind zum Teil hure steil hier, wie der Schweizer sagen würde.

Für diesen Urlaub habe ich mich auf die Region rund um den Titi- und Schluchsee konzentriert. Diese Seen liegen am Fuß des Feldbergs, welcher mit 1493 Metern, den höchsten Berg im Schwarzwald darstellt. Dabei hat der Schwarzwald über hundert Berge zu bieten, welche über tausend Meter liegen. Da hätte selbst ich einige Zeit zu radeln, bis ich alle erklommen und so ortskundig wie in der Eifel wäre.
Außer in meiner Kindheit, wo ich oft mit meiner Oma im Schwarzwald im Urlaub war, zog es mich erst einmal mit dem Fahrrad in den Schwarzwald. Als Vorbereitung auf die Trans Germany durchquerte ich den Schwarzwald auf dem Track des Bike-Crossing-Schwarzwald, welcher 440 km und 1600 Hm durch den Schwarzwald führt. Damals allerdings bei miserabelstem Wetter und jeder Menge Regen. An Blicke in die Täler oder von den Gipfeln war nicht zu denken, alles völlig mit Nebel und Wolken verhangen, vor allem war es nass und kalt. Das mit der Kälte, war bei meinem jetzigen Besuch noch schlechter, zumindest in der Nacht, dafür gab es jeden Tag traumhaften Sonnenschein und eine fantastische Fernsicht. Diese war so gut, dass man am Horizont die schneebedeckten Gipfel der Alpen sehen konnte. Am liebsten wäre ich einfach immer weiter Richtung Süden gefahren, dem schönen Wetter und der Sonne entgegen. Nur weg vor dem Wetter und der Dunkelheit, welche bald wieder in diesem Land an der Tagesordnung sein werden. Die Wintermonate sind mir jetzt schon ein Graus und werden meine Resilienz wieder auf eine harte Probe stellen.

Die Nächte im Schwarzwald lagen zum Teil unter dem Gefrierpunkt und am Morgen waren die Fahrräder auf dem Träger mit einer Schicht Eis bedeckt. Dieser Urlaub hat mich einige Gaskartuschen für meinen kleinen Ofen gekostet.
Dies ist allerdings ein kleiner Preis, wenn ich dafür morgens bei null Grad die Bustür öffnen kann, in den Tälern liegt Nebel und die Wiesen sind weiß gefroren. Der Himmel ist tief blau und ich muss die Hand vor meine Augen halten, damit ich nicht von der Sonne geblendet werde. Wenn interessieren, bei einem solchen Anblick, die niedrigen Temperaturen, wenn einen das Gefühl der totalen Freiheit wärmt?
Vor allem, wenn ich dazu noch von meinem Lieblingsbelgier breit grinsend mit dem Spruch begrüßt werde: ”War aber hure kalt heute Morgen!”, er nicht das Frühstück erwarten kann, damit wir endlich mit unseren Fahrrädern starten.
Obwohl wir morgens meistens erst einmal unseren Standort gewechselt haben, damit die Heizung in den Bussen ans Laufen kam und wir die nächste Bäckerei ansteuern konnten. Eigentlich waren wir immer in der gleichen Bäckerei, vor allem weil es dort so schöne Toiletten gab. Die Wände waren mit Fototapete beklebt, welche einen typischen Tannenwald im Schwarzwald zeigte und es gab Lautsprecher, aus denen Waldgeräusche und Vogelgezwitscher kam. Wenn du da die Augen zugemacht hast, dachtest du, du sitzt im Wald. Das war natürlich genau das Richtige für zwei Bikepacker.
Auch unsere Touren waren ein Traum, wobei wir dieses Mal im gemütlichen Urlaubsmodus unterwegs waren. Möglichst viel von der Landschaft und der Natur genießen, die Seele baumeln lassen und es uns gut gehen lassen. Wobei viermal um die beiden Seen zu fahren, hat dann auch gereicht. Am fünften Tag habe ich mal eine andere Route zurück eingeplant.

Auch gelacht und Spaß haben wir viel gehabt, dazu noch den halben Tag in Erinnerungen an vergangene Touren, Events und Erlebnissen geschwelgt. Besser geht es kaum und nicht mit Geld zu bezahlen.
Auch Oliver, der an der diesjährigen Ausgabe des Eifel Gravellers teilgenommen hatte, wollte es sich nicht nehmen lassen, uns einen Tag durch seinen Schwarzwald zu begleiten und bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt mit uns zu grillen. Dabei hatte er in der Eifel schon mächtig gefroren, nachdem er kurz vor Daun völlig nass geworden war und eine kalte Nacht in der Eifel verbringen musste.
Leider ist jeder Urlaub, so schön er auch ist, irgendwann mal zu Ende. Deshalb hieß es heute wieder zurück in Richtung Mosel. Auf dem Rückweg gab es aber noch einen kleinen Stopp in Karlsruhe, um mit meinem Freund Andrew zu frühstücken und ein bisschen zu quatschen.

Auch die ganze Strecke werde ich heute nicht zurückfahren, sondern noch eine Nacht in meinem Bus verbringen und das Van Life genießen.
Mitte der Woche hatte ich viel über mich Zuhause fühlen und wie ich mein Leben gerne verbringen möchte, geschrieben. Diese Themen rumorten noch die ganzen Tage in meinem Kopf, wenn ich mit meinem Fahrrad durch den Schwarzwald fuhr.
Im Grunde genommen, möchte ich an dem Punkt ankommen, dass ich mich da zu Hause fühle, wo ich gerade bin. Dass mir einfach meine Person ausreicht und genügt, um dieses Gefühl in mir zu haben und zu bewahren. Ganz egal wie die äußeren Umstände gerade sind oder was so in meinem Leben los ist. Einfach in mir ruhen, mir meinen Ressourcen und Fähigkeiten bewusst sein und darauf vertrauen, dass ich alles hinbekomme und am Ende alles gut wird!

„Es ist das, was du daraus machst“

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