Der BOTReycat#5

Samstag: (18.12.2021)

Eigentlich hat der BOTReycat#5  am letzten Wochenende stattgefunden. Allerdings wollte mein Freund Andreas gerne mitfahren und ich muss ehrlich sein, letztes Wochenende war das Wetter nur ätzend. Schon am Freitag hatte ich keine Lust, bei dem vielen Schnee und den glatten Straßen, quer durch die Eifel zu fahren. Keine Ahnung, ob ich es überhaupt mit meinen Allwetterreifen hoch auf den Signal de Botrange geschafft hätte? Für den Samstag war auch kein tolles Wetter gemeldet, sodass ich mich entschlossen hatte, gar nicht hinzufahren und zu starten.
Deshalb hatten wir kurzerhand entschieden, wir verschieben den Event um eine Woche und versuchen dann unser Glück. Neben Andreas konnte ich noch Patrick, mit dem ich schon zahlreiche andere Events zusammen bestritten hatte, für diese ziemlich verrückte Unterfangen begeistern.

Da war doch was

Mit dem Botraycat hatte ich außerdem noch eine Rechnung offen. Diesen hatte ich vor 2 Jahren gescratched, weil auch damals die Wetterverhältnisse unter aller Sau waren. Bei Regen und Schnee, Temperaturen um den Gefrierpunkt hatte ich keine Lust mehr, die dritte und letzte Schleife zu fahren.

Lac de Gileppe
Blick ins Hohe Venn
Oleftalsperre

Beim Botreycat handelt es sich um einen Alleycat, also einer Art Schnitzeljagd, bei dem es gilt, bestimmte Punkte anzufahren und diese zu sammeln. Diese sind beim Botreycat fast immer die zahlreichen Talsperren, welche um den Signal de Botrange verteilt liegen. Von diesen Talsperren darf man zwei Stück zusammen anfahren, bevor man zum Signal de Botrange zurückkehren muss, um dann die anderen Talsperren in Angriff zu nehmen. Das heißt, es gilt dreimal hoch auf den höchsten Berg von Belgien zu fahren und es ergeben sich drei Schleifen, welche absolviert werden müssen.

Freie Streckenwahl

Außerdem ist jedem die Trackplanung selber überlassen, auch der Untergrund kann frei gewählt werden. Auch alle Arten von Fahrrädern sind zugelassen, sofern sie keinen Akku besitzen.
Im Sommer ist dies ein toller Tagesausflug mit dem Fahrrad, wo es viel Spektakuläres zu sehen und tolle Landschaft zu genießen gibt. Gerade die Ardennen gehören zu meinen absoluten Lieblingsgebieten, was Fahrradfahren betrifft. Allerdings Mitte Dezember sind die Ardennen eine harte Herausforderung, sowohl für den Körper und vor allem für den Kopf.

Lac de Robertville
Wesertalsperre

Gerade immer wieder zum Startpunkt zurückzukehren, wo die Möglichkeit besteht sich zu verpflegen oder seine Kleidung zu wechseln, ist auf der einen Seite ein großer Vorteil. Sich dann allerdings wieder auf sein Fahrrad zu schwingen und auf die nächste Runde zu begeben, ist jedes Mal ein Kampf mit dem inneren Schweinehund. Viel verlockender wäre es, sich in das Restaurant auf dem Signal de Botrange zu setzen.

Zum Glück war ich nicht alleine

Zum Glück musste ich diese Herausforderung nicht alleine bestreiten, sondern hatte, mit Andreas und Patrick, zwei Freunde an meiner Seite, mit denen ich schon hunderte von Kilometern zusammen gefahren bin.
Der Start war für 9 Uhr geplant. Zum Glück war Patrick eine halbe Stunde früher am vereinbarten Treffpunkt, da ich noch seelenruhig in meinen Bus am schnorcheln war. Normalerweise werde ich immer zwischen 6 und 7 Uhr wach, weil ich mal für kleine Königstiger muss, es Zeit ist, die Heizung anzustellen und den ersten Kaffee zu kochen. Deshalb stelle ich mir auch nie einen Wecker, was mir an diesem Morgen fast zum Verhängnis geworden wäre.
Nachdem Patrick an meinen Bus geklopft hatte, brach natürlich ein wenig Hektik bei mir aus. Zum Glück war mein Fahrrad schon einsatzbereit und auch über Wahl meiner Kleidung musste ich mir keine großen Gedanken machen, da ich oft bei solchen Wetterbedingen Fahrrad fahre. Allerdings mit dem Essen musste ich mich beeilen, galt es doch möglichst noch viel rein zu schaufeln, damit ich später was zum Verbrennen hatte. Gerade bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, gilt es der Verpflegung besondere Aufmerksamkeit zu schenken, da der Körper dann noch mehr Kalorien verbrennt, um die Leistung zu erbringen und den Körper warmzuhalten.
Um kurz vor 9 Uhr traf dann auch Andreas ein und mit 20 Minuten Verspätung ging es auf die erste Runde.

Schwankende Temperaturen

Waren auf dem Signal de Botrange die Temperaturen noch recht angenehm, änderte sich dies schlagartig auf der Abfahrt zu unserem ersten Ziel, dem Lac de Robertville. Vor allem meine Hände, welche schon immer meine Achillesverse darstellen, waren kaum noch zu spüren. Was war es mir eine Freude, als ich endlich den ersten Anstieg hinauf fahren konnte, um mich ein bisschen warm zu strampeln. Denn nach diesem Anstieg ging es auf einer ehemaligen Eisenbahntrasse, welche zu einem Radweg umgebaut wurde, in Richtung unseres zweiten Zieles, dem Lac de Warfaaz. Da der Eisenbahnradweg leicht abschüssig war, hatte ich Schwierigkeiten, mit den anderen mitzuhalten, weil mir die Gänge ausgingen. Mein Gravelbike ist voll auf Bikepacken und Eifel ausgelegt und nicht um damit schnell flach zu fahren.
Der Lac de Warfaaz war schon vor 2 Jahren Teil des Botreyycat, sodass mir der Rückweg zum Signal de Botrange sehr vertraut war. Die erste Runde stellte mit knapp 50 Kilometern die kürzeste dar, sodass wir schnell wieder unsere Autos erreichten. Dort verpflegen wir uns und mit neuen Proviant ging es auf die zweite Schleife.
Mittlerweile war das Thermometer auf dem Signal de Botrange auf 8 Grad geklettert und es herrschte schönster Sonnenschein. Allerdings 100 Höhenmeter tiefer verschluckte uns schon wieder der Nebel und auch die Temperaturen fielen empfindlich. Der Nebel war oft so dicht, dass die Sichtweite unter 50 Meter lag und ich den Eindruck bekam, es handele sich um zwei völlig verschiedene Tage an denen wir Radfahren.

Auf der zweiten Runde mussten wir die Staumauer der Wesertalsperre und des Lac de Gileppe anfahren. An diesen beiden Stauseen, war ich schon unzählige Male, bei meinen vielen Touren und Events durch die Ardennen vorbeigekommen. Trotzdem finde ich die Bauwerke jedes Mal wieder spektakulär und ein Foto wert. Für meine beiden Mitstreiter stellten die Staumauern und der gesamte Track, völliges Neuland dar und entsprechend begeistert waren sie von der Landschaft, der Natur und den vielen kleinen belgischen Dörfern in den Ardennen.

Ein langer Anstieg

Der zweite Aufstieg zum Signal de Botrange zog sich ganz schön hin, da wir diese mal von der Eupener Seite aus hochfahren mussten. Dieser Anstieg ist zwar nicht besonders steil, aber sehr lang und geht oft einfach nur schnurgerade aus. Dies stellt eine harte Prüfung für den Kopf und vor die Motivation dar.
Gegen 15:30 Uhr erreichten wir wieder unseren Startpunkt und diese mal legten wir eine etwas länger Pause ein. Es gab Puddingstreusel, welchen ich schon Vortag gekauft hatte und Kaffee. Außerdem wurde es Zeit richtige Beleuchtung an unsere Fahrräder zu montieren und noch eine Schicht Kleidung mehr anzuziehen, denn in einer Stunde würde es dunkel werden und damit die Temperaturen fallen. Die dritte Schleife stellte mit 65 Kilometern auch die längste dar, da es galt, bis nach Hellenthal zu Oleftalsperre zu fahren.
Wie schon bei den ersten beiden Runden liefen die ersten Kilometer wie geschnitten Brot, da wir einfach von Signal Botrange abgefahren konnten und schnell vorankamen. Allerdings dann gab es ziemlich viel zu klettern und Höhenmeter zu sammeln.

Die letzte Schleife

Die dritte Schleife beinhaltete auch den größten Gravelanteil und es galt viel über Schotterwege zu fahren. Diese waren mir allerdings mehr wie gut vertraut, da wir uns zum größten Teil auf dem Track des Eifel Gravellers bewegten. Die Oleftalsperre und auch unser letztes Ziel, die Perlbachtalsperre, gehören zu den Highlights des Eifel Gravellers. Auch am Eifeldom in Kalterherbergen kamen wir vorbei. Dort unterlief mir auf dem Rückweg auch ein kleiner Navigationsfehler, der uns 8 Kilometer und 200 Höhenmeter kostete. Beim Garmin ist es leider nie wirklich einfach zu sehen, wohin man abbiegen muss, wenn sich der Track kreuzt oder sich Teile überschneiden. Zudem herrschte eine solche Suppe an Nebel, es war stockdunkel geworden, wodurch die Sache noch zusätzlich erschwert wurde. Gerade der Nebel stellte eine echte Herausforderung dar, weil wir durch unsere Fahrradlampen nur noch auf eine weiße Wand zufuhren und es unheimlich feucht wurde. Dazu gab es Temperaturen um den Gefrierpunkt und gemütlich sieht wirklich anderes aus.

Das dachten wohl auch die Gäste einer Kneipe, in die ich 10 Kilometer vor dem Ziel noch einfiel. Für die letzte Runde hatte ich mir zu wenig Riegel eingepackt und stand kurz vor einem Hungerast. Erstaunt sahen mich die Gäste an, wie ich nass und völlig vermatscht vor ihnen stand und alle mögliche Riegel in meine Trikotasche stopfte. Wer schon einmal längere Zeit Radgefahren ist und dem dann der Treibstoff ausgeht, weiß, dass man dann zu sehr spontanen Panikkäufen neigt.

Augen auf beim Riegelkauf

Wieder draußen bei meinen Freunden fiel ich sofort über die ganzen Riegel her und es schmeckte besser als jedes 5-Sterne-Menü. Unter anderem hatte ich mir eine kleine Tüte gekauft, wo ich dachte, dort wäre ein Schokomuffin drin. Da es in der Kneipe recht dunkel war und ich auch meine Brille nicht mitgenommen hatte, hatte ich wohl das Foto nicht richtig gesehen. In der Tüte war eine Frikadelle, wie geil! Frikadellen in Tüten, so wie Chips, gibt es in Deutschland nicht. Dazu noch ein Snickers, ergab einen süß, salzigen und fettigen Gaumenorgasmus, einfach nur gut!

So gestärkt waren auch die restlichen 10 Kilometer kein Problem mehr und wir erreichten zum dritten Mal den Gipfel des Signal de Botrange.
Dort gab es noch ein Finisherfoto, ein kurzes Abklatschen und dann schnell in meinen Bus. Auch Patrick und Andreas zogen sich in Windeseile um und freuten sich auf die Heizung in ihren Autos.

Finished

Am Ende des Tages hatten wir 180 Kilometer und 2800 Höhenmeter durch die Ardennen absolviert. Dies stellt sogar für mich einen Rekord dar, weil ich im Dezember noch nie so eine große Fahrradtour absolviert hatte.
Zufrieden und glücklich gab es erst einmal ein reichhaltiges Abendessen im Bus und später noch einen leckeren Glühwein.
Es war schon ein recht verrückter Ausflug in die Ardennen und ohne meine beiden Mitstreiter wäre ich wohl nicht mehr zur letzten Runde aufgebrochen. Aber Dank ihnen konnte ich endlich den Botreycat von meiner Liste streichen und meine Schmach von vor zwei Jahren auswetzen.

„Es ist das, was du daraus machst“

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert