Wie ist die Idee zu deinem Blog entstanden?
Der Blog ist als “Nebenprodukt” von meinem Bikepackingevent dem Eifel Graveller entstanden. Bei diesem handelt es sich in erster Linie um ein Bikepacking Streckennetz von ungefähr 1500 Kilometern, welches viele der tollen Sehenswürdigkeiten der Eifel verbindet.
Passend dazu gibt es ein Unsupported Bikepacking Event, von dem in diesem Jahr die 3. Ausgabe stattfindet und die Teilnehmer auf 750 Kilometern und 15000 Höhenmeter durch die atemberaubende und abwechslungsreiche Natur der Eifel führt.
Darüberhinaus berichte ich schon lange über meine Fahrradtouren auf Facebook. Das Fotografieren gehört ebenfalls zu meinen Hobbys.
Aus diesen ganzen einzelnen Teilen ist dann irgendwann mein Blog entstanden, welcher erst mit der Zeit an Bedeutung und Wichtigkeit für mich gewonnen hat. Wie ich eine jahrelange Entwicklung bei vielen Themen rund um meine Person und meiner Gesundung hinter mich gebracht habe, so ähnlich hat sich auch der Blog entwickelt und sein Format gefunden.
Mittlerweile ist er neben dem Event Eifel Garveller zu einem richtigen Herzensprojekt von mir geworden, weil ich dort neben meinen Aktivitäten und Projekten rund um das Thema Fahrradfahren und Bikepacking mittlerweile sehr persönlich über mich, mein Leben und meine psychischen Probleme und Diagnosen schreibe. Dabei ist der Blog zu einer Mischung aus persönlichem Tagebuch und Fahrraderlebnisberichten geworden.
Er bedeutet auch ein großes Stück Therapie für mich, hat es doch unheimlich lange gedauert, bis ich über meine psychischen Probleme reden und überhaupt offen damit umgehen konnte. Denn obwohl so viele Menschen davon betroffen sind, psychische Erkrankungen in der heutigen Zeit enorm zunehmen oder jeder jemanden kennt, der an irgendeiner psychischen Störung leidet, wird verdammt wenig darüber geredet – wenn wir ehrlich sind! Es existieren leider auch immer noch viele Vorurteile und skurrile Vorstellungen gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen. Auch was die Themen Therapie, Klinik/Psychiatrie und allem, was damit zusammenhängt, angeht, stoße ich oft auf große Ahnungslosigkeit und Berührungsängste. Gegen diese zum Teil große Stigmatisierung, Ablehnung und Abwertung von psychisch erkrankten Menschen möchte ich etwas unternehmen und mit meinem Blog einen Beitrag dazu leisten. Viele Betroffene trauen sich nicht, schämen sich sogar für ihre Erkrankung oder sind schlicht und einfach nicht in der Lage dazu, offen über ihr Leiden zu sprechen, weil ihre Krankheit sie so im Griff hat und für alles andere kein Platz und keine Energie vorhanden ist.
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würden Fahrradfahren, Bikepacking, psychische Störungen und Mental Health überhaupt nicht zusammen passen. Allerdings gibt es ganz viele interessante Parallelen und Vergleiche zwischen diesen Themen, über die ich meist versuche, meine Blogbeiträge aufzuziehen oder als Aufhänger zu nutzen. Gerade Themen wie Krisen, Stabilität, Grenzen, Demut, Struktur, Achtsamkeit und die ganzen “Selbst”-Themen (z.B. Selbstfürsorge, Selbstwahrnehmung, Selbstliebe, Selbstachtung) sind beim Fahrradfahren und dem Bikepacken zu finden und zu erlernen. Sie stellen ein tolles Übungsfeld dar, um seine Ressourcen und Fähigkeiten zu erkennen, diese auszubauen und bei sich anzukommen. Viele Aspekte des Fahrradfahrens und speziell des “Ultracyclings” lassen sich sehr gut auf das Leben übertragen, können eine große Hilfe und Inspiration im Alltag sein.
Wobei ich finde, dass gerade dieses Ultracyclingding auch seine dunkle Seite hat. Über viele Stunden und Tage Fahrradfahren und Unterwegs sein, bedient bei mir die gleichen Mechanismen und Ventile, wie Bulimie oder Selbstverletzung. Zu schauen wie weit kann ich gehen, wo liegen meine Grenzen, bis wohin kann ich mich antreiben und quälen Dabei geht es viel um Kontrolle und Perfektionismus, darum mich und meinen Körper zu spüren, bestimmte Dinge/Gefühle nicht mehr zu spüren und einfach platt zu bügeln. Auch mich zu bestrafen und kaputt zu machen waren oft Gedanken, die damit in Zusammenhang standen und mich angetrieben haben. Etwas wert zu sein durch Leistung, weil die eigene Person dafür nicht ausreicht oder als ungenügend von mir empfunden wurde. Deshalb ist gerade die Anerkennung, die mit guten Leistungen beim Radfahrern und Sport verbunden sind, Balsam für mein Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Dabei fällt mir das Annehmen und stolz darauf sein, trotz allem völlig schwer, ist nie von langer Dauer ist und gibt mir keine Sicherheit für zukünftige Projekte.
Viel Sport und der Zusammenhang von Abnehmen, die Menge und Art der Lebensmittel, welche ich dann essen kann und “darf”, können schnell eine unschöne Eigendynamik entwickeln. Auch das gute Körpergefühl, welches durch viel Sport vermittelt wird, kann schnell ins Zwanghafte kippen. Speziell mit der Körperschemastörung, welche mit der Anorexie immer einhergeht, wodurch Betroffene eine völlige Fehlwahrnehmung ihres Körpers haben, was Fülle und Ausmaße angeht, kämpfe ich immer noch ständig.
Der Grad zur Anorexie und Sportbulimie ist sehr schmal und ein Suchtgedächtnis vergisst nie wieder! Genauso wie ich nie wieder in die Essstörung zurück möchte, auch wenn es Zeiten gibt, gerade wenn es mir psychisch nicht so gut geht, wo die Essstörungsstimme wieder völlig laut in meinem Kopf schreit. Dabei ist die vermeintliche Kontrolle und der Halt, welche diese mir suggeriert, nur der Weg in die völlige Isolation und eine selbst geschaffene Hölle.
Durch das Vermischen dieser auf den ersten Blick ambivalenten Themen erhoffe ich mir außerdem, verschiedene Gruppen von Lesern anzusprechen. Ich will sie an Thematiken heranführen und für diese sensibilisieren, welche sie sonst wahrscheinlich nicht auf dem Schirm hätten oder mit in Berührung kommen würden.