Nominiert für die fahrrad.de Blogwahl 2021!

Den Blog Award verfolge ich nun schon seit etlichen Jahren, sind doch immer viele Blogs dabei, welche ich regelmäßig verfolge oder von denen ich die Autoren persönlich kenne. Deshalb war ich auch erst einmal sprachlos, nachdem ich die E-Mail erhielt, dass der eifel-graveller.de zu den nominierten Blogs 2021 gehört. Um ganz ehrlich zu sein, machte sich auch eine ziemliche Panik in mir breit, die allerdings eine normale Reaktion meinerseits auf neue und unvorhergesehene Dinge ist, auch wenn diese positiv sind.
Nachdem ich mir das Ganze dann mal durch den Kopf habe gehen lassen, stellte sich aber große Freude und auch etwas Stolz ein. Dass ich an dieser Stelle mein Herzensprojekt vorstellen kann, ist schließlich eine ganz tolle Chance, vielen Menschen die wundervolle Eifel und das Thema Bikepacking näherzubringen. Neben dem Schreiben über das Radfahren liegt es mir aber auch auf dem Herzen, über psychische Erkrankungen und Mental Health aufzuklären.
Ich hoffe, ihr habt viel Spaß bei der Vorstellung des Eifel Gravellers, des dazugehörigen Blogs und meiner Person. Am liebsten hätte ich alle gestellten Fragen beantwortet, das hätte allerdings das Format gesprengt, wobei ihr die meisten Antworten sowieso schon in meinen ganzen Blogbeiträgen auf www.eifel-graveller.de/blog findet!
Wenn ihr mir dann noch eure Stimme gebt und das Kreuzchen bei Eifel Graveller Blog setzt, könnt ihr mich kaum zu einem glücklicheren Menschen machen. 

Stell dich und deinen Blog in 2-3 Sätzen vor:

Holger, 47 Jahre alt, ziemlich Fahrrad verrückt und der Organisator vom Unsupported Bikepackingevent Eifel Graveller.
Aus diesem ist auch mein Blog entstanden, bei dem es um meine Bikepacking- und Fahrradtouren sowie meine verschiedenen Fahrradprojekte und Events geht, welche ich mit meinem persönlichen Anliegen mische, mehr über psychische Erkrankungen und Mental Health zu informieren und von meinen persönlichen Erfahrungen zu dieser Thematik zu berichten und zu schreiben.

Wie ist die Idee zu deinem Blog entstanden?

Der Blog ist als “Nebenprodukt” von meinem Bikepackingevent dem Eifel Graveller entstanden. Bei diesem handelt es sich in erster Linie um ein Bikepacking Streckennetz von ungefähr 1500 Kilometern, welches viele der tollen Sehenswürdigkeiten der Eifel verbindet.
Passend dazu gibt es ein Unsupported Bikepacking Event, von dem in diesem Jahr die 3. Ausgabe stattfindet und die Teilnehmer auf 750 Kilometern und 15000 Höhenmeter durch die atemberaubende und abwechslungsreiche Natur der Eifel führt.
Darüberhinaus berichte ich schon lange über meine Fahrradtouren auf Facebook. Das Fotografieren gehört ebenfalls zu meinen Hobbys.
Aus diesen ganzen einzelnen Teilen ist dann irgendwann mein Blog entstanden, welcher erst mit der Zeit an Bedeutung und Wichtigkeit für mich gewonnen hat. Wie ich eine jahrelange Entwicklung bei vielen Themen rund um meine Person und meiner Gesundung hinter mich gebracht habe, so ähnlich hat sich auch der Blog entwickelt und sein Format gefunden.
Mittlerweile ist er neben dem Event Eifel Garveller zu einem richtigen Herzensprojekt von mir geworden, weil ich dort neben meinen Aktivitäten und Projekten rund um das Thema Fahrradfahren und Bikepacking mittlerweile sehr persönlich über mich, mein Leben und meine psychischen Probleme und Diagnosen schreibe. Dabei ist der Blog zu einer Mischung aus persönlichem Tagebuch und Fahrraderlebnisberichten geworden.
Er bedeutet auch ein großes Stück Therapie für mich, hat es doch unheimlich lange gedauert, bis ich über meine psychischen Probleme reden und überhaupt offen damit umgehen konnte. Denn obwohl so viele Menschen davon betroffen sind, psychische Erkrankungen in der heutigen Zeit enorm zunehmen oder jeder jemanden kennt, der an irgendeiner psychischen Störung leidet, wird verdammt wenig darüber geredet –  wenn wir ehrlich sind! Es existieren leider auch immer noch viele Vorurteile und skurrile Vorstellungen gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen. Auch was die Themen Therapie, Klinik/Psychiatrie und allem, was damit zusammenhängt, angeht, stoße ich oft auf große Ahnungslosigkeit und Berührungsängste. Gegen diese zum Teil große Stigmatisierung, Ablehnung und Abwertung von psychisch erkrankten Menschen möchte ich etwas unternehmen und mit meinem Blog einen Beitrag dazu leisten. Viele Betroffene trauen sich nicht, schämen sich sogar für ihre Erkrankung oder sind schlicht und einfach nicht in der Lage dazu, offen über ihr Leiden zu sprechen, weil ihre Krankheit sie so im Griff hat und für alles andere kein Platz und keine Energie vorhanden ist.
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würden Fahrradfahren, Bikepacking, psychische Störungen und Mental Health überhaupt nicht zusammen passen. Allerdings gibt es ganz viele interessante Parallelen und Vergleiche zwischen diesen Themen, über die ich meist versuche, meine Blogbeiträge aufzuziehen oder als Aufhänger zu nutzen. Gerade Themen wie Krisen, Stabilität, Grenzen, Demut, Struktur, Achtsamkeit und die ganzen “Selbst”-Themen (z.B. Selbstfürsorge, Selbstwahrnehmung, Selbstliebe, Selbstachtung) sind beim Fahrradfahren und dem Bikepacken zu finden und zu erlernen. Sie stellen ein tolles Übungsfeld dar, um seine Ressourcen und Fähigkeiten zu erkennen, diese auszubauen und bei sich anzukommen. Viele Aspekte des Fahrradfahrens und speziell des “Ultracyclings” lassen sich sehr gut auf das Leben übertragen, können eine große Hilfe und Inspiration im Alltag sein.
Wobei ich finde, dass gerade dieses Ultracyclingding auch seine dunkle Seite hat. Über viele Stunden und Tage Fahrradfahren und Unterwegs sein, bedient bei mir die gleichen Mechanismen und Ventile, wie Bulimie oder Selbstverletzung. Zu schauen wie weit kann ich gehen, wo liegen meine Grenzen, bis wohin kann ich mich antreiben und quälen Dabei geht es viel um Kontrolle und Perfektionismus, darum mich und meinen Körper zu spüren, bestimmte Dinge/Gefühle nicht mehr zu spüren und einfach platt zu bügeln. Auch mich zu bestrafen und kaputt zu machen waren oft Gedanken, die damit in Zusammenhang standen und mich angetrieben haben. Etwas wert zu sein durch Leistung, weil die eigene Person dafür nicht ausreicht oder als ungenügend von mir empfunden wurde. Deshalb ist gerade die Anerkennung, die mit guten Leistungen beim Radfahrern und Sport verbunden sind, Balsam für mein Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Dabei fällt mir das Annehmen und stolz darauf sein, trotz allem völlig schwer, ist nie von langer Dauer ist und gibt mir keine Sicherheit für zukünftige Projekte.
Viel Sport und der Zusammenhang von Abnehmen, die Menge und Art der Lebensmittel, welche ich dann essen kann und “darf”, können schnell eine unschöne Eigendynamik entwickeln. Auch das gute Körpergefühl, welches durch viel Sport vermittelt wird, kann schnell ins Zwanghafte kippen. Speziell mit der Körperschemastörung, welche mit der Anorexie immer einhergeht, wodurch Betroffene eine völlige Fehlwahrnehmung ihres Körpers haben, was Fülle und Ausmaße angeht, kämpfe ich immer noch ständig.
Der Grad zur Anorexie und Sportbulimie ist sehr schmal und ein Suchtgedächtnis vergisst nie wieder! Genauso wie ich nie wieder in die Essstörung zurück möchte, auch wenn es Zeiten gibt, gerade wenn es mir psychisch nicht so gut geht, wo die Essstörungsstimme wieder völlig laut in meinem Kopf schreit. Dabei ist die vermeintliche Kontrolle und der Halt, welche diese mir suggeriert, nur der Weg in die völlige Isolation und eine selbst geschaffene Hölle.
Durch das Vermischen dieser auf den ersten Blick ambivalenten Themen erhoffe ich mir außerdem, verschiedene Gruppen von Lesern anzusprechen. Ich will sie an Thematiken heranführen und für diese sensibilisieren, welche sie sonst wahrscheinlich nicht auf dem Schirm hätten oder mit in Berührung kommen würden.

Gibt es Blogthemen bei denen das Schreiben schwer fällt?

Mittlerweile eigentlich nicht mehr, da ich sehr offen über mich und meine Themen schreibe. Dies war allerdings eine lange Entwicklung, bei der ich mir am Anfang schon viele Gedanken darüber gemacht habe, ob es nicht zu persönlich und “intim” ist.
Bei einigen Themen ist das heute noch so, da sie keine leichte Kost sind, an mein Eingemachtes und vielleicht auch an das der Leser gehen. Das ist besonders der Fall bei den Themen  Essstörung, selbstverletzendes Verhalten, Depressionen, Borderline oder meine Klinikaufenthalte.
Gerade, dass ich niemanden mit diesen Themen triggere, jemanden runterziehe und es Menschen durch das Lesen nicht noch schlechter geht, ist mir sehr wichtig. Es soll auch für niemanden eine Anleitung sein oder ihn auf die Idee bringen, gewisse Sachen nachzuahmen oder als Lösung zu betrachten. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schräg Gedanken sein können und welche Dynamik diese entwickeln.
Vielmehr möchte ich zeigen, dass Veränderung und Gesundung möglich sind, dass Krisen zum Leben gehören und  – so abgedroschen der Satz auch klingen mag – eine Chance darstellen. Ein Rückfall in alte Muster und Verhaltensweisen ist nicht das Ende und muss auch nicht der Anfang von totaler Katastrophe sein.
Jeder kann es schaffen, ein zufriedenes und erfülltes Leben finden und zu führen. Immer einmal mehr aufzustehen als hinzufallen, das ist der Trick!
Dabei überlege ich sehr genau, wo ich den Leser abhole, damit auch Menschen mit den Texten etwas anfangen können, welche noch nie mit der Materie Fahrrad oder psychische Erkrankung in Berührung gekommen sind. In gewisser Weise steckt da aber auch die Angst dahinter, dass ich als völlig gestört wahrgenommen werde und den Eindruck eines Schwätzers oder Schauspieler hinterlasse. Das Empfindung meiner eigenen Identität ist oft wechselhaft und völlig verschieden, wodurch sich ein Gefühl einstellt, ein Alien zu sein, dass nirgendwo hinpasst oder dazugehört.  Denn mangelnde Objektkonstanz und ein wechselhaftes Selbstbild sind leider fundamentale Problem bei meiner Erkrankung.
Meine Texte werden auch, wie ich weiß, von vielen meiner Arbeitskollegen oder Bekannten meiner Familie gelesen, welches mir zu Beginn doch sehr Kopf gemacht hat, bei dem Prozess mich zu “outen”.
Allerdings sind die Reaktionen und Antworten, welche ich auf meine Texte bekomme, durchweg positiv. Ich habe den Eindruck, dass die Leute froh sind, dass mal jemand offen über solche Themen schreibt, und dass sie dankbar sind, dass sich mal jemand “outet” und zugibt, nicht immer alles im Griff zu haben.
Es gibt so viele Menschen, welche Probleme haben, mit sich und ihrem Leben nicht wirklich zurechtkommen, sich aber verstecken und sich nicht trauen, um Hilfe zu bitten. In unserer Gesellschaft gilt es als schwach, als verpönt und als Makel, Hilfe nötig oder Probleme zu haben. Dabei ist sich helfen zu lassen, sich einzugestehen, dass man alleine nicht mehr zurecht kommt, ein Zeichen von Stärke und großer Persönlichkeit.
Gerade in der heutigen Zeit, wo auf den Social Media Plattformen, in der Werbung und in Zeitschriften immer nur das perfekte Leben und durchtrainierte Körper gezeigt werden, wo vermittelt wird, dass jeder alles erreichen kann und zu allem in der Lage ist, ist es schwer, seinen Platz zu finden. Sich einzugestehen und zu erkennen, dass dies alles nur Scheinwelten sind und eher Photoshop zu verdanken sind, als dass es der Realität entspricht, bedarf eines ziemlich gesunden Selbstwertgefühls, eines sehr stabilen Selbstbildes und einer guten Portion Selbstliebe.

Was machst du, wenn du nicht gerade auf dem Fahrrad sitzt, oder darüber schreibst?

Was machst du, wenn du nicht gerade auf dem Fahrrad sitzt, oder darüber schreibst?
Über allem steht meine Tochter. Mit ihr Zeit zu verbringen und mitzuerleben, wie sie heranwächst und erwachsen wird, bedeuten mir sehr viel, ist völlig spannend aber auch oft eine Herausforderung für mich. Gemeinsame Aktivitäten wie campen gehen, draußen übernachten oder eine Fahrradtour zu unternehmen, findet sie auch immer klasse und ich finde es unheimlich schön, ihr solche Dinge zu zeigen und näherzubringen.
Mein aktuelles Winterprojekt ist es, einen Bus zum Campingmobil auszubauen, bei dem sie sehr gerne mithilft, wenn sie am Wochenende oder in den Ferien bei mir ist. Vor allem ist sie schon heiß wie Frittenfett, mit diesem endlich einmal wegzufahren und darin zu übernachten.
Ansonsten ist es bei mir wie bei den meisten anderen Menschen: Ich verdiene meinen Lebensunterhalt und versuche dabei mein Leben auf die Reihe zu bekommen und vor allem stabil zu bleiben. Ich bemühe mich, nicht wieder in irgendwelche alten Muster und Verhaltensweisen zurückzufallen, mir dadurch mein Leben und alles, was ich die letzten Jahre mühevoll aufgebaut habe, wieder kaputt zu machen.
Wobei ich durchaus noch auf der Suche nach jemanden bin, der mich dafür bezahlt, dass ich den ganzen Monat durch die Weltgeschichte gondele, sprich Fahrrad fahre, darüber berichte und Fotos aufnehme. Wobei dies besser ein “Traum” von mir bleiben sollte. das Ganze zu einem “Geschäft” wird und ich damit meinen Lebensunterhalt verdienen müsste, wäre es nicht mehr authentisch und würde großen Druck in mir auslösen. Die Notwendigkeit, liefern zu müssen, würde meinen Verlust- und Existenzängsten, meinem Perfektionismus und dieses komische Leistungsdenken, meinen Streben nach Anerkennung und beachtet zu werden, viel zu viel Zucker geben, mich über kurz oder lang in die totale Krise stürzen und gar nicht guttun.
Von meinem emotionalen Auf und Ab mal abgesehen, bin ich ein ziemlich umtriebiger Mensch und es ist selten ruhig in meinem Leben. Gerade mit innerer Leere und Langeweile, welches auch Kriterien meiner Diagnose darstellen, habe ich oft zu kämpfen, wodurch ich stets um Struktur und Beschäftigung bemüht bin.
Es ist oft sehr spannend und facettenreich, wenn das Glas halb voll ist in meinem Leben. Gleichzeitig ist es aber  auch oft anstrengend und kompliziert, wenn es halb leer ist. Es kommt halt auf die Perspektive und den Abstand an, welchen man zu den Dingen und Gegebenheiten einnimmt. Vor allem ist es wichtig, die Perspektive von Zeit zu Zeit auch mal zu wechseln.
Wobei ich immer aufpassen muss, nicht auf zu vielen Hochzeiten zu tanzen und vor allem auf meine Grenzen zu achten, sonst bekomme ich über kurz oder lang die Quittung dafür. Mal innehalten, eine Pause einlegen, einfach bei mir sein, gehört nicht so zu meinen Stärken, aber ich arbeite dran!
Es gibt allerdings auch einfach so viele Themen und Dinge, welche mich interessieren, ich gerne mal ausprobieren und mich mit beschäftigen würde, da ist es schwierig, einfach mal nichts zu machen.

Was begeistert dich am meisten an dem Zweirad?

Was begeistert dich /was begeistert euch am meisten an dem Zweirad?
Am meisten begeistert mich am Fahrrad die Möglichkeit, große Entfernungen aus eigener Kraft und ohne Unterstützung zu überwinden. Dies geschieht zudem auf eine sehr umweltschonenden und CO2-neutralen Weise, welche obendrein auch noch sehr gut für meinen Körper und vorteilhaft für meinen Geist ist.
Es hat für mich auch genau das richtige Tempo, sodass es mir möglich ist, sehr intensiv und achtsam meine Umwelt und die Natur wahrzunehmen. Durch das Fahrrad gelange ich an viele Orte, die mit dem Auto oder zu Fuß nur sehr schwer oder gar nicht zu erreichen wären.
Darüber hinaus ist das Fahrrad ein tolles Kommunikationsmedium, um mit Menschen in Kontakt und ins Gespräch zu kommen, was ich immer wieder auf meinen Bikepackingtouren feststelle. Es weckt die Neugierde, Sehnsüchte und Erinnerungen bei den Menschen und ist für mich “the only way of travelling”!

Wie sehr hat Corona deinen Alltag verändert?

So großartig hat das Coronavirus meinen Alltag gar nicht verändert, sowohl beruflich wie im privaten.
In meinem Job läuft schon lange vieles über Laptop, Telefonkonferenzen und online, weil das Projekt, für das ich tätig bin, eine große Fläche abdeckt und meine eigentliche Dienststelle sich in Frankfurt befindet, was nicht gerade bei mir um die Ecke ist. Auch sonst arbeite ich in meinem Job fast ausschließlich alleine und eigenverantwortlich, sodass es durch Corona zu keinen großen Einschränkungen gekommen ist.
In meinem Privatleben sind die Einschränkungen da schon größer, wobei ich auch da ein Mensch bin, der viel Kontakt über die sozialen Medien oder Messengerdienste hält. Mit zu viel Nähe tue ich mich ohnehin oft schwer und es gibt auch Zeiten, in denen ich sie gar nicht zulassen kann. Mich abzugrenzen, nur mal für mich zu sein und meinen (Sicherheits-) Raum um mich zu haben, ist sehr wichtig für mich. Gerade wenn es mir nicht gut geht, mir alles zu viel wird und auf mich einstürzt, ist mich zurückzuziehen, zu isolieren und die Welt auszusperren oft die einzige Möglichkeit, wieder runter und bei mir anzukommen.
Mir persönlich nimmt dieses Social Distancing viel Druck weg wenn es darum geht, soziale Verpflichtungen wahrzunehmen, weil gerade der persönliche Kontakt für mich nicht immer einfach ist.
Dass fast alle Fahrrad- und insbesondere Bikepackingevents im letzten Jahr ausgefallen sind, ist für mich auch kein Weltuntergang gewesen, eher im  Gegenteil: Ich wollte sowieso wieder mehr Back to the Roots, mehr Touren für mich alleine fahren, neue Landschaften und Regionen in Ruhe entdecken, meine Liste mit Bikepackingtouren und Projekten „abarbeiten“.
Klar kann ich auch die Enttäuschung verstehen, die viele empfinden, die sich auf Events gefreut und  darauf vorbereitet haben, sowohl was Ausrüstung als auch Kondition angeht. Gerade die Treffen, die mit solchen Events fast immer einhergehen, sind die Gelegenheit, viele interessante und spannende Menschen kennenzulernen und für mich immer sehr inspirierend.
Hoffen wir einfach mal, dass in diesem Jahr alles wieder besser wird und wir ein bisschen zur Normalität zurückfinden, auch wenn es im Moment nicht wirklich so scheint. Wobei ich nicht glaube, dass ein Zurück zu dem Zustand vor Corona möglich ist und vor allem in vielen Bereichen absolut nicht erstrebenswert ist.
Allerdings ist die Chance auf Veränderung in meinen Augen schon verspielt und selbst bei einer Rückkehr in die Normalität wird dies wohl nicht geschehen. Ich hätte mir ein paar andere Ideen und neue Ansätze gewünscht, als Reaktion oder auch vielleicht zur Prophylaxe für weitere Pandemien. Zum Beispiel ein bedingungsloses Grundeinkommen, eine Transaktionssteuer, kostenloser Nahverkehr, die Schließung von Steueroasen und Steuerflucht. Die Abschaffung von Berufspolitikern (nur 2 Legislaturperioden), Entflechtung und mehr Transparenz von Firmen, Politik und das Einschränken des ganzen Lobbyismus, dafür viel stärkerer Verbraucherschutz. Die Rücknahme des Privatisierungswahnsinnes und die erneute Verstaatlichung lebenswichtiger Bereiche und so weiter – von dem Wahnsinn Globalisierung und den immer schneller werdenden Klimawandel mal völlig abgesehen.
Aber es wird laufen wie immer: Wachstum um jeden Preis und vor den großen Firmen buckeln. Verluste werden verstaatlicht und auf die Gesellschaft umgelegt, Gewinne werden privatisiert und kommen nur einer kleinen Minderheit zugute.
Dabei kann ständiges Wachstum nicht funktionieren, das ist wie Krebs, es wird uns irgendwann vernichten. Unsere Ressourcen sind endlich und es dauert nicht mehr lange, bis alles ausgebeutet und kaputt gemacht wurde, bis nichts mehr übrig ist.
Politisch wollte ich eigentlich gar nicht werden bei meinen Fragen für den Blogaward, aber im Zusammenhang mit Corona ist es schwer, sich dies zu verkneifen.

In welchen Regionen bist du mit dem Rad so unterwegs?

In welchen Regionen bist du mit dem Rad so unterwegs?
Da ich im wunderschönen Moseltal wohne, in erster Linie natürlich in der Eifel und im Hunsrück. Ich fahre einfach irgend eins der unzähligen Seitentäler hoch, egal ob Straße oder Gelände und finde die hervorragendsten Bedingungen zum Radfahren vor.
Beide Gebiete sind dünn besiedelt, es herrscht wenig Verkehr und es wird ganz viel abwechslungsreiche Natur und interessante Dinge zum Entdecken geboten.
Ansonsten stehe ich auf Höhenmeter und Berge. Was für mich gar nicht geht, ist flach und gegen den Wind zu fahren, so ergeben sich meine Radfahrgebiete von selber.
So ein paar blinde Flecken, wo ich unbedingt noch hin möchte, gibt es für mich in Deutschland Landkarte  noch. Auch so ein paar spezielle Tracks und Trails im Ausland stehen noch auf meiner Löffelliste. Wenn mir eine Sache nie ausgehen wird, dann Ideen für Projekte! 

Wie oft bist du auf Social Media Kanälen unterwegs und auf welchen?

Wie oft bist du auf Social Media Kanälen unterwegs und auf welchen?
Ehrlich gesagt, viel zu viel! Ich verbringe schon viel Zeit auf Facebook und Instagram, wobei ich da schon sehr sortiere, was ich mir anschaue und lese. Den ganzen Schwachsinn und uninteressanten Kram versuche ich möglichst zu ignorieren und folge ihm einfach nicht. Vor allem versuche ich mich nicht darüber aufzuregen, denn gerade das kann ich sehr gut und sehr schnell. Geduld und Gelassenheit  gehört leider so gar nicht zu meinen Stärken!
Der Eifel Graveller “zwingt” mich allerdings dazu, viel Zeit im Internet, mit Kommunikation und Social Media zu verbringen. Einen solchen Event zu organisieren, eine Internetseite und einen Blog zu betreiben, kostet schon viel Zeit und ist eine Menge Arbeit.
Wobei ich schon manchmal das Gefühl habe, dass der Eifel Graveller auch eine gute Rechtfertigung oder Ausrede dafür liefert.
Aber was pflegt mein Therapeut oft zu sagen, wenn ich von meinen Zweifeln und Ängsten erzähle, dass vielleicht etwas aus dem Ruder läuft und zu extrem werden könnte: “Herr Loosen, sie haben schon viel schlechtere und schädlichere Dinge betrieben, als so etwas!” Da muss ich ihm dann völlig recht geben, obwohl die Aussage nicht wirklich schmeichelhaft ist.

Wenn du dir irgendeinen Ort zum Leben aussuchen könntest, würdest du einen anderen Ort wählen als dein aktueller Standort?

Ein klares Nein!
Mit Eifel und Hunsrück habe ich eines der schönsten und abwechslungsreichsten Gebiete zum Fahrradfahren direkt vor der Haustüre. Zudem sind solche tollen Gegenden wie der Taunus, der Westerwald, die Ardennen und der Pfälzer Wald nicht wirklich weit weg und meine Touren haben mich schon oft in diese Gebiete geführt.
Der Ort an dem ich wohne oder mich befinde ist der Beste, welchen ich im Moment habe!
Das ist genau wie mit dem Fahrrad:  Das Modell, das ich besitze oder die Ausrüstung, welche mir zur Verfügung steht, ist das Beste, was ich im Moment habe und damit muss ich zurechtkommen – eben das Beste daraus machen und damit leben. “Man muss mit den Mädchen tanzen, die da sind”, lautet ein etwas platter Spruch, der den Kern aber sehr gut trifft.
Sicherlich gibt es Orte, Länder und Strecken, von denen ich träume oder die ich mal mit dem Fahrrad befahren und besuchen möchte aber dies ist etwas anderes, als mich mit der Frage zu beschäftigen, ob  ich an einem anderen Ort leben möchte.
Für mich hat das viel damit zu tun, im Hier und Jetzt und nicht in der Vergangenheit oder in irgendwelchen Zukunftsideen zu leben . Deshalb ist es in meinen Augen nicht zielführend, sich mit solchen Fragen zu beschäftigen, stattdessen aber  die Orte auf sich zukommen zu lassen und einfach schauen, was das Leben und die Zukunft bringt.
Dies versuche ich mittlerweile in vielen Aspekten und Bereichen meines Lebens zu praktizieren. Für diese Erkenntnis habe ich lange benötigt, sie hat mich einige harte Umwege gekostet, denn Kontrolle und Struktur in Bezug auf meine eigene Person ist mir sehr wichtig Gerade Kontrolle ist einer der entscheidenden Punkte, welcher hinter einer Essstörung steckt und den es für die Gesundung aufzulösen gilt. Kontrolle ist eine Illusion, sie gibt es nicht wirklich, weil es so viele unberechenbare Faktoren im Leben gibt und sie uns auch schnell völlig einschränkt. Gerade die Corona-Krise zeigt uns seit einem Jahr sehr deutlich, wie schnell sich das Leben ändern kann und die Kontrolle entgleitet.
Das soll nicht heißen, dass ich blauäugig und naiv durch mein Leben renne, absolut nicht; gerade Dinge zu hinterfragen und zu reflektieren finde ich eine der wichtigsten Eigenschaften, welche eine Person haben sollte. Allerdings sollten diese auf das Hier und Jetzt und nicht auf irgendwelche Gedankenspiele bezogen sein.

Was ist dein Wunsch für die Zukunft?

Da habe ich nicht nur einen, sondern ganz viele!
Zum Beispiel, dass im nächsten Jahr wieder eine ganz reguläre Ausgabe des Eifel Gravellers stattfindet, inklusive Vorabtreffen, gemeinsamem Frühstück und Start mit der Klottener Fähre.
Zudem, dass die  atemberaubende und abwechslungsreiche Natur der Eifel von vielen Radfahrern entdeckt wird, welche sich auf den Track des Eifel Gravellers begeben (ob während des Events oder außerhalb) und genau solche Eifelfans werden wie ich.
Mein zweites Herzensprojekt ist die Westwall Divide, eine Bikepackingroute von Aachen nach Basel entlang des militärischen Verteidigungssystems der Westgrenze des ehemaligen Deutschen Reiches. Diese Strecke will ich weiter scouten und entwickeln. Vielleicht ergibt sich daraus in ein paar Jahren ein weiteres spannendes Unsupported Bikepacking Event.
Außerdem ist es mein wunsch, dass ich “Climb the/all Eifeltowers” und “Beat the Night”, meine beiden Ideen für Fahrrad Tagesevents, in diesem Jahr durchführen kann und mir Corona nicht wieder einen Strich durch die Rechnung macht.
In meinem Kopf entsteht gerade die Idee für ein neues Spendenprojekt. Es gibt eine Organisation, welche ich unheimlich klasse und sehr wichtig finde. Aufgrund von Corona kämpft diese aber  um ihre Existenz und ich würde gerne dazu beitragen, dass sie weiter bestehen kann. Allerdings ist das Zeitfenster und meine Anzahl an Urlaubstagen zurzeit noch mein Problem, der Track und das Konzept stehen allerdings schon.
Für mich persönlich wünsche ich mir, dass sich mein Projekt Eifel Graveller und mein Blog so weiterentwickeln wie in den letzten Jahren. Es ist schon ziemlich verrückt, was sich aus dieser abenteuerlichen Idee und meinen Bikepackingtouren durch die Eifel entwickelt hat.
Denn gerade der Event verurteilt mich völlig zum Stabilsein, es würde mir nämlich das Herz brechen und wäre für mich selber nur schwer verzeihbar, wenn ich diesen aus gesundheitlichen Gründen absagen und nicht durchführen könnte. Sowas nenne ich positiven Druck oder schützende Angst, bei der der Grund für die Motivation nicht so ganz astrein ist. Motivation sollte eigentlich nicht durch Angst oder Druck entstehen, die Beweggründe sollten besser in anderen Gefühlen gefunden werden. Aber was soll’s, manchmal heiligt der Zweck die Mittel und bei dieser Sache ist es wohl das Ergebnis, welches zählt.
Besonders wünsche ich mir, weiterhin viele interessante und inspirierende Menschen durch den Eifel Graveller kennenzulernen.
Insgesamt wird es auch immer wieder Krisen geben und vielleicht auch mal Rückschritte oder Rückfälle. Diese gehören wohl einfach zu meinem Leben dazu, wie es auch dazugehört, mit meinen psychischen Diagnosen und den dadurch resultierenden Probleme umzugehen und zu leben. Trotz allem will ich meinen Weg fortsetzen und so Stück für Stück immer mehr bei mir ankommen, bei dem, was ich wirklich möchte und wer ich bin.
Getreu dem Motto des Eifel Gravellers: “Es ist das, was du daraus machst”!

„Es ist das, was du daraus machst“

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