Das Gute liegt meist sehr nahe!

Samstag/Sonntag: (05/06.02.2022)

Das Gute liegt meist sehr nahe, so mein Motto für dieses Wochenende. Da nur für den Samstag gutes Wetter gemeldet war, wollte ich an diesem Wochenende in der Nähe bleiben.
Beim Durchforsten meiner Sammlung mit Tracks, Ideen und Anregungen, blieb ich am Lahntal hängen. Früher war ich dort oft unterwegs, wobei fast ausschließlich mit dem Rennrad oder bedingt durch meine Arbeit. Taunus Bikepacking hat mich ebenfalls ein paar Mal dorthin geführt, woran ich immer sehr gerne zurückdenke und in mir schöne Erinnerungen wachruft.

Unbekanntes Terrain

Allerdings mit meinem Mountainbike war ich dort noch nie so wirklich unterwegs, obwohl die Lahn jede Menge Seitentäler zu bieten hat, welche pure Natur und Fahrspaß ohne Ende bieten.
Von diesen Tälern konnte bei meinem Besuch an diesem Wochenende in Nassau einige von meiner Liste streichen. Leider war es nicht das Nassau, welches die Hauptstadt der Bahamas darstellt, dann hätte ich wunderbare Temperaturen und bestimmt ganz viel Sonne gehabt. Gerade die Temperaturen ließen an diesem Wochenende doch sehr zu wünschen übrig!
Ganz in der Nähe wohnt zudem noch ein Freund von mir, mit dem ich schon etliche Touren und Events bestritten habe. Nach anfänglichen Zögern, ließ er sich dann aber doch schnell überzeugen, mich zu begleiten.

Mit Patrick Otto habe ich einer meiner härtesten Tage auf dem Fahrrad erlebt. Beim V2B im Jahr 2020 waren wir schon 2 Tagen bei miserabelstem Wetter in den Vogesen unterwegs. Sogar ein Hotelzimmer gönnten wir uns am zweiten Abend, wobei das eigentlich ein No-Go für mich darstellt. Vor allem, weil ich das immer von meinem Freund Guido Dreesen aufs Brot geschmiert bekommen und ich mir die eine oder andere Stichelei anhören kann. Aber was sich liebt, das neckt sich!

Blick auf das KIoster Arnstein
Im Dörsbachtal

Am dritten Tag war das Wetter immer noch nicht besser. Den ganzen Tag hatte es geregnet und die Temperaturen lagen zwischen 5 und 10 Grad. Alles war Wolken verhangen und in den Tälern lag dichter Nebel. Es war absolut kein Wetter, um in den Vogesen Mountainbike zu fahren und schon gar nicht, um auf den höchsten Berg dort zu erklettern.

Komm wir fahren noch hoch zum Grand Ballon

Um 18 Uhr schlug mir Patrick genau das vor, wir könnten ja noch hoch zum Grand Ballon fahren. Da mir 18 Uhr viel zu früh war, um vom Fahrrad abzusteigen und Feierabend zu machen, willigte ich ein. Es hatte auch mal aufgehört zu regnen und so weit war es gar nicht mehr auf den Grand Ballon. Leider hatte ich mich da in meinem Roadbook verrechnet. Nach meiner Rechnung sollten es noch 800 Höhenmeter und keine 20 Kilometer mehr bis dorthin sein. Die Höhenmeter stimmten, aber am Ende waren es noch 35 Kilometer bis hoch auf den Gipfel. Vor allem fing es eine Stunde später wieder an zu regnen und um kurz nach 20 Uhr wurde es dunkel.
Bei diesem Event hatte ich zudem auf das falsche Fahrrad gesetzt. Mit dem Gravelbike war gerade der Anstieg auf den Grand Ballon eine einzige Quälerei. Die Wege waren dermaßen steinig, dass ich überhaupt keinen Tritt fand, ständig über die Steine hoppelte und mir mein vollgepacktes Fahrrad hinten wegrutschte.

Um 23 Uhr erreichten wir endlich den Gipfel des Grand Ballon. Wir waren völlig durchnässt, die Temperaturen lagen unter 5 Grad und es blies ein eisiger Wind. Ich bin heute noch am Frieren, wenn ich daran denke. An Abfahren war überhaupt nicht mehr zu denken, sodass wir uns einfach unter das Vordach der Gastwirtschaft legten, welche sie dort oben befindet. So schnell hatte ich noch nie meine Matratze aufgeblasen und war in meinem Schlafsack verschwunden, wie an diesem Abend. Noch schnell ein paar Kalorien hineingestopft, damit der Körper was zum Verbrennen hat und dann war ich auch schon eingeschlafen.

Die Rettung am nächsten Morgen

Am nächsten Morgen wurden wir von den Betreibern der Gastwirtschaft geweckt, die nicht schlecht staunten, als sie uns dort liegen sahen. Allerdings waren sie total nett, wir durften die Toiletten benutzen, unsere nassen Klamotten im Heizungsraum aufhängen und es gab ein riesiges Frühstück. Die Beiden haben uns ganz schön den Arsch gerettet, so einen wirklichen Plan, wie wir weiter machen, hatte ich nicht. Ich hatte keinerlei trockene Sachen mehr in meinem Seatpack und auch die Regenklamotten waren völlig durch. Es gibt beim Bikepacken kaum etwas Schlimmeres, wie am Morgen die nassen Fahrradsachen vom Tag vorher wieder anzuziehen. Egal ob noch nass vom Schwitzen oder vom Regen!
An diesem Wochenende hatten Patrick und ich zwar auch kein Traumwetter, es war total matschig und die Temperaturen waren ähnlich, denen auf dem Grand Ballon, aber es gab zumindest keinen Regen. Am Samstag ließ sich die Sonne auch mal blicken, wodurch es einen kleinen Vorgeschmack auf den Frühling gab.

Blick auf Nassau
Der Hauserbachstausee

Dafür sind wir allerdings über 50 Bäume mitsamt unseren Fahrrädern geklettert, welche auf die Wege gefallen waren. Das ging schon im ersten Tal, dem Dörsbachtal los. Mit umgefallenen Bäumen kennen wir beide uns sehr gut aus. Bei der Trans Germany, bei der wir 2018 ebenfalls gemeinsam am Start standen, gibt es ein Waldstück, wo alle umgefallenen Bäume einfach liegen gelassen werden. Damit noch nicht genug, gibt es auch noch einen alten Bahndamm, den man hinaufklettern und auf der anderen Seite wieder heruntermuss. Dieser Abschnitt ist berühmt-berüchtigt bei der BTG und wesentlich härter als die Teufelsschlucht.

Es wurde nicht besser

Auch im Hasenbachtal und am Hauserbach, sah es nicht viel besser aus, was die umgefallenen Bäume anging.
Zudem forderte der ganze Matsch viele Körner, weil er das Fahrrad festhielt wie Klebstoff und wir nur durch pure Kraft vorankamen.
Im Hauserbachtal ereilte mich zu allem Überfluss noch ein Plattfuß. Was ist das für ein reizendes Vergnügen, bei 3 Grad und einem völlig vermatschten Hinterrad, den Schlauch zu wechseln. Ich weiß, rüste doch endlich mal auf Tubeless um, höre ich jetzt die meisten denken. Bloß hat dieses System auch so sein Tücken, funktioniert nicht immer einwandfrei und ich habe schon oft erlebt, wie es damit Ärger gab.

Mit dem Mühlbachtal gab es zum Schluss das Highlighttal. Dieses erinnerte mich sehr an das Liesertal oder das Elzbachtal. Auch dort gibt es solch wunderschöne schmale Trails, atemberaubende Schluchten und Felsformationen. Einfach nur ein Traum, durch dieses Tal zu fahren und die Natur zu genießen. Dieses Tal führte uns zurück an die Lahn nach Nassau, wo wir nur noch ein paar Kilometer den Lahnradweg folgten, um wieder nach Obernhof zu gelangen, wo unsere Tour startete.

Es rüttelte und schüttele am Bus

In der Nacht von Samstag auf Sonntag zog in der Nacht ein heftiger Sturm auf. Mit dem Bus hatte ich mich auf einen Wanderparkplatz oberhalb von Nassau gestellt. In der Nacht rüttelte und schüttelte der Wind dermaßen an meinem Bus, dass ich den Eindruck hatte, ich befände mich auf einem Schiff.
Leider änderte sich das Wetter den ganzen Sonntag über nicht, entsprechend ungemütlich fiel meine Sonntagstour aus. Vor allem als gegen Mittag auch noch der vorhergesagte Regen einsetzte, brach ich die Tour ab und fuhr auf kürzestem Weg zurück zu meinem Bus.
Es hat mir trotzdem sehr gutgetan, dass ich gestartet bin und mich dem miesen Wetter gestellt habe. Manchmal gibt es so Tage, da wache ich sehr unausgeglichen oder nennen wir es besser emotional instabil auf. Da bin ich so verloren in mir und es fehlt mein innerer Halt.
Sonntags ist die Gefahr dafür besonders hoch bei mir, diesen Tag fand ich von jeher schon äußerst schwierig. In einem früheren Blogbeitrag habe ich mein Sonntagstrauma schon mal thematisiert.

Einer dieser Sonntage

Heute war wieder mal so ein Sonntag und dann heißt es was tun. Wenn ich mich dieser Stimmung hingebe und nicht irgendetwas unternehme, verstärkt sich alles und ich gerate in einen negativen Gedankenkreislauf. Auch wenn es mich dann echt Überwindung kostet und ich eigentlich keine Motivation dazu habe, ist raus in die Natur, mich bewegen und ein bisschen auspowern, das beste Rezept gegen diese Gefühlsachterbahn.
Fast immer bekomme ich dann den Kopf frei und kann mich fokussieren. In der Natur zu sein ist das beste Achtsamkeitstraining für mich, ich bekomme wieder Abstand und eine andere Perspektive.

Den Auslöser finden

Meist finde ich dann auch den Auslöser für mein Struggeln. Auch wenn ich diesen Grund nicht immer direkt abstellen kann, weil es etwas aus meiner Vergangenheit ist oder es sich nicht so einfach lösen lässt, hilft es mir den Trigger zu kennen. Dadurch fühle ich mich nicht mehr so machtlos und ausgeliefert, kann es von anderen Dingen abgrenzen und nicht alles versinkt in diesem Gefühlsbrei.

Nicht alle Säulen fallen um, als ständen sie wie Dominosteine hintereinander. Denn genauso fühlte es sich früher immer für mich an. Alles rutschte wie in einem Trichter nach unten, obwohl es nur eine bestimmte Sache war, die mir zu schaffen machte, nicht gut funktionierte oder mich stresste. Aber diese eine Sache reichte, dass auch alles andere nichts mehr wert und richtig war.

Heute gehe ich anders damit um

Dies ist die quere Schwarz-Weiß-Borderlinelogik, bei der ich mich heute noch regelmäßig ertappe. Heutzutage folge ich nicht mehr direkt jedem Impuls oder gebe diesem nach.
Früher war Fühlen, Denken und Handeln ein Prozess. Heute schaue ich erst mal, was fühle ich überhaupt und warum. Was steckt dahinter und sind diese überbordenden Gefühle überhaupt angemessen. Dies ist kein einfaches Unterfangen, oft heißt es erstmal einfach nur aushalten, bis diese riesige Gefühlswelle abgeebbt ist. Dann werde ich langsam wieder handlungsfähig, kann konstruktiv denken und mache nichts aus einem Impuls heraus kaputt.
Wie oben schon erwähnt, ist dann Bewegung, mich spüren, die Weite und Ruhe der Natur, eines der besten Rezepte.

„Es ist das, was du daraus machst“

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