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Einsamkeit auf dem Erbeskopf!

Samstag: (24.07.2021)

Ab und zu gibt es solche Wochen, wo gefühlt alles über mir einstürzt. Da gibt es Treffer aus allen möglichen Richtungen, welche mich in die Ecke oder in die Seile treiben. Die mein innerstes völlig erschüttern und mich mit Lichtgeschwindigkeit in eine Krise katapultieren. So geschehen die vorletzte Woche!
Los ging es mit einem Unwetter, gefolgt von einer WhatsApp, einem Krankheitsfall in der Familie und einer schweren Entscheidung.
Dabei waren die letzten Wochen überhaupt nicht so schlecht gelaufen und alles ziemlich gut, dachte ich zumindest. Vor allem meine Woche Urlaub in Luxemburg hatte mir sehr gut getan, mich gegroundet und mich wieder mehr auf meinen Weg gebracht. Auch der Übergang vom Vanlife ins Reallife war nicht so hart wie von mir befürchtet und ich bin wieder ziemlich gut in meinen Alltag gekommen.

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Radarstation auf dem Erbeskopf
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Blick auf die Skipiste am Erbeskopf
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Es sollte allerdings nicht besonders lange anhalten. Wobei es ein paar Dinge gibt, welche mich sofort triggern und mir zusetzen. So eine Sache war leider auch bei diesen Ereignissen dabei, auch meistens so ohne Vorwarnung und einfach in die Fresse. Dazu kommt schnell der Borderlineverstärkungsfaktor hinzu, wodurch sich alles an Gefühlen um den Faktor 10 verstärkt. Gerade die typischen Baustellen, mit denen viele Betroffene große Schwierigkeiten haben laufen dann schnell aus dem Ruder.
Sei es dieses sich alleine fühlen, gepaart mit dieser inneren Leere. Dazu diese riesen Verlust- & Existenzängste. Die Panik vor Nähe und Menschen, welche schon fast ins Paranoide gehen kann. Vor allem die Abwertung und die Überzeugung, nichts zu können und alles falsch zu machen.
Diese ganzen Gefühle gilt es dann erst einmal auszuhalten, bevor es mir überhaupt möglich ist zu schauen, ob die Vorwürfe oder meine Gedanken überhaupt gerechtfertigt sind und den Tatsachen entsprechen.
Angst ist in meinen Augen das zentrale Thema bei der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung und steckt so gut wie hinter jedem Verhalten, wenn es den Betroffenen nicht gut geht. Die Angst nicht gut genug zu sein, zu viel zu sein, zu versagen, nicht beachtet zu werden und so weiter. Diese Liste könnte ich noch um einige schlimme Vorstellungen und Gedankengänge erweitern.

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Vor allem ist es dann ganz schwer handlungsfähig zu bleiben, die Kontrolle über die Situation zu behalten und nicht völlig von dieser mächtigen Gefühlswelle überspült zu werden. Nicht zu reagieren wie ein verletztes Tier, entweder mit Angriff oder Flucht. Vor allem nicht mit alten und ungesunden Verhaltensmustern zu reagieren, sondern immer dagegen zu kämpfen und nicht rückfällig zu werden, ist ein unheimlich anstrengender und oft frustrierender Prozess. Wie heißt es so schön in dem Song von den Sternen “Bis 9 bist du ok, bei 10 erst ko”! Wobei sich eine 7 schon reichlich beschießen anfühlt und ich die niemanden wünsche.
Wobei es bei diesen Triggern auch ein paar Windmühlen gibt, gegen die ich schon ewig kämpfe, und die immer wieder meinen Weg kreuzen. Es gibt halt Dinge und Situationen, denen kann ich nicht aus dem Weg gehen, sondern nur versuchen damit zu leben oder mich möglichst gut zu arrangieren. Dies nach Möglichkeit so das es mich nicht so schickt und total stürzt!
Richtig hart getroffen hat mich vor allem, was in der vergangenen Woche in Eifel geschehen ist. Dort sind durch das Unwetter und den Starkregen einige Teile der Eifel völlig zerstört worden. Diese Naturkatastrophe hat unzählige Todesopfer gefordert und ganz viele Menschen haben ihre Existenz verloren. Mich haben die Bilder im Fernsehen und in den Zeitungen völlig bestürzt und schockiert, ich finde kaum Worte dafür, was den Menschen dort widerfahren ist.
Besonders schlimm hat es die Ahr getroffen. Diese Gegend existiert eigentlich gar nicht mehr. Dort ist die gesamte Infrastruktur, was Straßen, Brücken, Eisenbahn, Strom und Wasser angeht, nicht mehr vorhanden.
Gerade an der Ahr war ich in diesem Jahr so viel mit dem Fahrrad unterwegs wie noch nie. Auch mit meinem Bus habe ich direkt neben der Ahr gestanden und habe dort übernachtet. Von dem Dorf wo sich der Parkplatz befindet, sind fast nur noch Trümmer übrig geblieben.
Dabei gehört gerade das Ahrtal zu einer der schönsten Gegenden in Deutschland und ein landschaftlicher Traum. Dort ist allerdings jetzt fast alles zerstört, es gab Schäden in Milliardenhöhe und der Wiederaufbau wird Jahre dauern.
Vor allem die psychischen Folgen für die Menschen werden gravierend sein. So viele Menschen haben ihr gesamtes Hab und Gut verloren oder noch schlimmer, Familienangehörige, Freunde und Bekannte.
Viele stehen noch völlig unter Schock, sehen was passiert ist, realisieren aber das gesamte Ausmaß noch gar nicht. Viele versuchen noch ein paar Habseligkeiten aus den Trümmern zu retten, sie haben angefangen aufzuräumen und saubermachen.

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Aussichtsturm auf dem Erbeskopf
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Auch die Hilfe und Unterstützung, welche die Menschen dort zurzeit erfahren, ist überwältigend und beispiellos.
Es wird aber auch die Zeit kommen, wo die Helfer wieder abrücken, die Hilfe und Aufmerksamkeit nachlässt. Spätestens, wenn die nächste Katastrophe geschehen ist oder sich ein neuer Skandal ereignet hat, wird sich das Interesse verlagern.
Der Mensch ist so gestrickt das er immer neue Reize und Input benötigt und das Geschehene schnell uninteressant und langweilig wird. Vieles wird einfach verdrängt oder mit konsumieren überdeckt.
Die Menschen an der Ahr werden dies nicht können, gerade wenn der erste Schock überwunden, die erste große Hilfswelle vorbei ist, werden viele völlig traumatisiert und verängstigt zurückbleiben. Zurzeit sind die Menschen dort einfach nur am Funktionieren, wollen auch noch nicht wirklich wahrhaben, was dort schlimmes passiert ist. Sie stemmen sich mit aller Macht gegen das Unglück und leisten übermenschliches.
Der Zusammenbruch und das Realisieren des Geschehenen wird aber kommen. Die vielen schrecklichen Bilder und Erlebnisse, werden sich nicht für immer verdrängen lassen, sondern sie werden hochkommen und wollen verarbeitet werden. Viele haben Freunde und Angehörige verloren, waren selber in Lebensgefahr und mussten völlig machtlos daneben stehen, wie alles zerstört wurde. So etwas zerstört die stabilste Psyche.
Bei vielen wird bei jedem Gewitter, bei einem starken Regenschauer oder noch so kleinen Hochwasser die schrecklichen Bilder der Zerstörung und des Verlustes wieder hochkommen und seelischen Schaden anrichten. Sie werden sich wieder so machtlos und ohnmächtig fühlen. Vor allem werden sie nie mehr dieses Gefühl haben, sich in seinem Zuhause sicher und geborgen zu fühlen, so wie es vor der Katastrophe war. Einige werden den Fluss als ständige Bedrohung und Trigger empfinden.

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Skywalk Klanspiel auf dem Erbeskopf

Ich wünsche mir sehr, dass es auch dann noch zahlreiche Hilfsangebote gibt, die sich um psychische Gesundheit der Menschen kümmern. Gerade Mental Health wird dann unheimlich wichtig sein, um das Geschehene ansatzweise zu verarbeiten, um weiterzuleben und sich einen neuen strukturierten Alltag aufzubauen.
Das Therapieangebot in Deutschland sieht aber sehr mau aus, um es nicht so krass zu formulieren. Und gerade Traumatherapeuten oder Kliniken, die sich auf posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) spezialisiert haben, sind ganz dünn gesät.
Vor allem kennen wir solche Bilder oft nur aus irgendwelchen armen Drittweltländern oder Südamerika, wo solche verheerenden Naturkatastrophen geschehen. In Ländern, wo nicht alles bis ins kleinste Bautechnisch geregelt, geprüft und abgenommen ist. Wo Korruption und Schlamperei zur Tagesordnung gehören und solche Katastrophen begünstigen.
Dieses Mal hat es aber ein so reiches und strukturiertes Land wie Deutschland getroffen und dieses Ereignis hat uns vor Augen geführt wird, das Sicherheit eine Illusion ist und jederzeit alles vorbei sein kann. Selbst in so einem technisierten und hoch entwickelten Land wie Deutschland.
Diese Erkenntnis wird in vielen Menschen arbeiten und ihre Wirkung entfalten. Dabei wird sie in jedem etwas anderes auslösen, was die Reaktion und den Umgang mit dieser Erkenntnis betrifft. Bei den einen Rückzug, Abschottung und Misstrauen. Ein verfallen in eine Schockstarre und Depression. Einem Zustand, in dem sich schon viele Menschen in diesem Land befinden, weil sie von der Schnelllebigkeit unserer digitalisierten Welt überfordert sind. Sie durch ihre finanziellen Mittel und ihren sozialen Staus abgehängt wurden. Oder diese Belanglosigkeit und Unverbindlichkeit der Gesellschaft nicht mehr ertragen können.
Für andere ist es vielleicht auch ein Startschuss endlich mit ihrem Leben anzufangen. Im Hier und Jetzt zu sein, zu versuchen seine Träume zu verwirklichen und nicht alles auf Morgen oder den passenden Moment zu verschieben. Wenn ich auf den warte, wird dieser nie kommen, denn jeder Moment ist der beste, den ich habe.
Zu wünschen wäre ein bisschen mehr wir und nicht noch mehr Spaltung!
Auch in mir hat das alles viel ausgelöst. Viele Gedanken, noch mehr Emotionen, es hatte ganz praktische Konsequenzen und eine schwere Entscheidung. Allerdings auch ein paar neue Ideen sind mir gekommen, an deren Umsetzung ich zurzeit arbeite, den erst bei 10 bist du ko!
Zu diesem allem aber Morgen mehr für heute reicht es mal wieder, was ich so geschrieben habe.

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Holzturm auf dem Erbeskopf

Sonntag: (25.07.2021)

Dieses Wochenende wollte ich möglichst einsam und nur mit mir verbringen, deshalb führte mich mein Weg in den Hunsrück auf den Erbeskopf. Einsamkeit liebe ich sehr, alleine kann ich komischerweise nicht gut sein oder mich alleine fühlen. Dabei ist alleine sein eigentlich die Beschreibung eines Zustandes und Einsamkeit dazu gehörige Gefühl. Warum dies bei mir so ein bisschen verdreht ist, weiß ich leider selber nicht und konnte noch keine Erklärung dafür finden.
Mit 816 Metern ist der Erbeskopf, der höchste Berg in Rheinland-Pfalz und liegt im Naturpark Saar-Hunsrück. Im letzten Jahr verbrachte ich auf einer meiner Bikepackingtouren eine ziemlich kalte Nacht dort oben. Der Ausblick am Morgen, als die Sonne aufging, hatte mich für alle Widrigkeiten mehr wie entschädigt.
Bei meinem Besuch an diesem Wochenende bin ich mit meinem Bus zum Erbeskopf gefahren, was eine ziemlich gute Entscheidung war, da es am ersten Tag viel geregnet hat. Auf meiner Mountainbiketour am Samstag bin ich 90 % der Zeit mit meiner Regenjacke gefahren und die Tour war wettertechnisch richtig hart. Wenn ich dazu noch emotional angeschlagen bin, ist es ein ständiger Kampf, einfach die Tour abzubrechen und wieder nach Hause zu fahren. Allerdings weiß ich genau, habe ich die Tour durchgezogen, mich dem Wetter und meinen Dämonen gestellt, geht es mir hinterher besser. Beim Radfahren ist es wie im Leben, oft ist einfach nur durchhalten angesagt und auf das Ergebnis vertrauen. Auch wenn dies nicht wirklich leicht fällt, weiß ich doch das alles andere im Endeffekt meine Situation nur schlimmer machen würde.

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Der Sonntagmorgen sah da schon ganz anders aus. Von strahlendem Sonnenschein wurde ich geweckt, sodass es ein Hochgenuss war, mein Frühstück vor dem Bus einzunehmen. Auch wenn dieses nur aus trockenen Baguette, einem Teilchen von gestern und Milchkaffee bestand. Trotzdem hätte ich dieses Frühstück jedem Frühstücksbüfett in einem 5 Sterne Hotel vorgezogen. So ganz alleine am Fuße des Erbeskopfes zu sitzen, die Kühle des morgens auf der Haut zu spüren und zu sehen wie der Tag anbricht, kann kein Frühstück der Welt überbieten. Wobei ich das “einfache” Frühstück selber schuld war. Gestern bin ich mit dem Bus über meine Alupfanne gefahren, sodass diese flach wie ein Teller war und ich deshalb heute Morgen keine Rühreier zubereiten konnte. Shit happens!
Verglichen mit dem, was ich sonst auf meinen Bikepackingtouren mir manchmal morgens reinschiebe, war es trotzdem noch ein feudales Frühstück. Bikepacken war ich in diesem Jahr noch nicht einmal oder gar bei einem Event gestartet. Irgendwie bekomme ich das kopfmässig nicht auf die Reihe, einfach mal mein Fahrrad zu packen und loszufahren. Diese Hürde ist in diesem Jahr einfach zu groß, meine Motivation zu klein und der Bus trägt sein übriges dazu bei.
Eine Bikepackingtour hat sich jetzt allerdings doch ergeben und da kommen wir zu der Entscheidung, welche ich schweren Herzen in der letzten Woche treffen musste. Diese war den EG21 abzusagen! Durch das Unwetter in der Eifel sind auch Teile des Tracks des Eifel Gravellers betroffen, vor allem weil es zweimal über die Ahr geht. Dort hat die verheerende Katastrophe viele Menschenleben gefordert, tausende Existenzen gekostet und so gut wie die gesamte Infrastruktur zerstört.
Auch wie es auf der restlichen Strecke aussieht, kann keiner wirklich sagen. Um nochmal alles zu scouten, fehlt mir leider die Zeit, weil der Eifel Graveller schon in zwei Wochen starten sollte. Deshalb war es zwar eine schwere Entscheidung aber die Richtige, den EG21 abzusagen. In Anbetracht der Lage an der Ahr allerdings ein kleines Opfer und ein völliges Luxusproblem.

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So ganz will ich mein Herzensprojekt für dieses Jahr dann aber doch nicht sterben lassen, vor allem möchte ich Geld sammeln für die Flutopfer und auch dafür sorgen, dass diese Katastrophe nicht so schnell in Vergessenheit gerät.
Aus diesem Grund habe ich den Track des Eifel Gravellers angepasst und die Passagen herausgenommen, welche zerstört sind oder wo im Moment einfach nicht hingefahren werden kann.
Auch einige Freunde von mir wollen sich anschließen und es wird wohl wie im letzten Jahr “Es ist das, was du daraus machst”! Vielleicht soll dies einfach das Konzept des Eifel Gravellers sein und kein Bikepackingevent. So war wenigstens nicht meine ganze Arbeit umsonst, sondern erfüllt noch einen guten Zweck.

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Skywalk Klanspiel auf dem Erbeskopf
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Das Hoxler Eisenbahnviadukt
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Denn 90% der Eifel sind völlig in Ordnung und wartet auf Gäste. Dies kam sogar in den Nachrichten im Radio in der letzten Woche. Die Eifel und vor allem die Mosel, wo ich wohne, lebt zum größten Teil vom Tourismus. Mit diesem sieht es jetzt schon im zweiten Jahr hintereinander ziemlich schlecht aus. Im letzten Jahr durch Corona und in diesem durch die schlimme Flutkatastrophe. Dadurch sind selbst in den nicht betroffenen Gebieten die Auswirkungen des Unwetters spürbar und wird dort ebenfalls viele Existenzen fordern.
Auch viele der angemeldeten Starter*innen des EG21 haben ihr Startgeld gespendet, was ich unheimlich klasse finde und eine tolle Geste ist. Es wird in diesem Jahr auch kein Tracking geben und kein aufwendiges Treffen vor dem Start geben. Ich werde einfach alle Teilnehmer*innen bei mir zu Hause unterbringen, das wird zwar ein bisschen eng und kuschelig werden aber alles Geld soll in das Spendenkonto fließen.
Ansonsten ist das Wochenende leider schon wieder vorüber und war wie immer, viel zu kurz. Wünsche euch einen guten Start in die neue Woche und passt auf euch auf!

„Es ist das, was du daraus machst“

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