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Gedankenregale & Erinnerungssplitter

Freitag: (21.08.2020)

Im vergangen Jahr bin ich mit Fabian zusammen beim Main Franken Graveller gestartet und wir haben gemeinsam die Night of the 100 Miles bestritten. Dieses Jahr gab es auf Grund von Corona noch keine Möglichkeit uns mal zu sehen und zusammen ein bißchen Fahrrad zu fahren.
Umso größer war meine Freude, als Fabian mir vor ein paar Wochen schrieb, er und ein Freund von ihm, wollten mal ein Wochenende in der Eifel bikepacken und ob ich Zeit und Lust hätte.
Da musste er natürlich nicht zweimal fragen, zum Bikepacken habe ich immer Lust und anderen die Eifel zeigen sowieso.
Ein Wochenende war auch schnell gefunden und so trafen wir uns heute in Koblenz am Bahnhof und los ging die Tour. Wobei heute nicht viel gefahren wurde, es ging ein bisschen am Rhein entlang, ein Besuch am Deutsche Eck stand natürlich auf dem Sightseeingprogramm und noch ein kleiner Imbiss. Danach ging es Richtung Eifel, wo wir uns in der Nähe von Koblenz eine schöne Hütte im Wald zum Übernachten rausgesucht hatten.
Auch bietet mir dieses Wochenende die Gelegenheit, mein Gravelbike und ein paar neue Teile zu testen. Nach dem Greffelründsche in Frankfurt war mein Fahrrad völlig abgerockt und so gut wie alle Verschleißteile mussten gewechselt werden. Außerdem habe ich mir endlich mal einen Nabendynamo gegönnt, damit das leidige Thema Strommangel hoffentlich mal ein Ende findet. Mal schauen wie sich der Dynamo, die Lampe und er USB Lader an diesem Wochen bewähren, werde bestimmt davon berichten.
Die ganzen neuen Teile sind für den V2B bei welchem ich am 29.08.20 starte, wo es 1000 km und 20000 Hm auf einem sehr anspruchsvollen Track durch die Vogesen und den Schwarzwald zu bewältigen gilt und von meinem Freund Andrew Grau veranstaltet wird. Dort habe ich auch noch eine kleine Rechnung offen, da ich dieses Event im letzten Jahr nicht finishen konnte. Überhaupt wehrt sich die Traversée du Massif Vosgien, so heißt der Track, den es in den Vogesen zu befahren gilt, sehr dagegen von mir befahren zu werden. Seit 4 Jahren steht dieser Weg ganz oben auf meiner Wunschliste aber aus den verschiedensten Gründen komme ich nicht dorthin oder schaffe es nicht ihn zu bezwingen. Aber in einer Woche ist er fällig und wird von mir (hoffentlich) bezwungen.
Auch sonst war es dringend Zeit, mal wieder das Fahrrad zu packen und loszuziehen. Ein Wochenende in der Natur mit Freunden verbringen, den Kopf und mal wieder auf andere Gedanken kommen, hatte ich dringend nötig.
Gerade die letzten zwei Wochen waren nicht wirklich einfach bei mir, es gab einiges einzustecken und zu verkraften. Gerade der plötzliche Tod meines ältesten Freundes hat mir sehr zugesetzt, viele Erinnerungen in mir wach gerufen und einiges zum Nachdenken gegeben. Es löste so verschiedene Emotionen wie Trauer, Angst und Wut in mir aus und wandelt sich dann schnell in ein ausgewachsenes Gefühlschaos.
Eine tiefe Traurigkeit macht sich in mir breit, warum er und vor allem so früh, dieser Gedanke machte mich völlig wütend, weil ich es so unfair finde. Das Gefühl des Allein- & Verlassenseins stellt sich ein, weil er nicht mehr da ist und eine Lücke in meinem Leben hinterlässt. Meine eigene Sterblichkeit wird mir bewusst, dass ich bestimmt auch schon die Hälfte meines eigenen Lebens hinter mir habe. Ich fange an eine Bestandsaufnahme und ein Zwischenfazit für mich ziehen. Es lässt mich erkennen, welche Dinge mir wichtig sind, welche Ziele und Träume ich noch verwirklichen will. Wie oft ich mich in meinem Alltag verheddere und gefangen bin, diesen zu bewältigen, zu strukturieren und in der Mitte zu bleiben. Wie oft bin ich am zweifeln und unsicher, ob ich wirklich so lebe wie ich will, ob es so in Ordnung ist, wie ich bin? Oft kämpfe ich mit dieser inneren Leere, der Langeweile und Alleinsein Gefühl. Schnell gerate ich dabei in so einen Überforderungstrudel, denn ich dann versuche mit noch mehr Aktion, Kontrolle und Perfektion in den Griff zu bekommen oder zu kompensieren, gerade wenn ungeplante oder unvorhergesehen Dinge passieren und alles Durcheinander bringen.
Dabei ist dieses Gedankenkarussell, dieses ständige Hinterfragen und Analysieren sowas von unnötig und bringt mich kein Stück weiter, vor allem kostet es Energie und Zeit. Gerade Zeit ist die größte und wertvollste Ressource, die wir haben, weil sie endlich ist, wie ich jetzt mal wieder erfahren musste. Von dieser habe ich, mit meinen vielen Eskapaden und Umwegen schon viel zu viel verschwendet und in viele falsche Dinge und Verhaltensweisen gesteckt.
So schlimm diese Erfahrung und der Verlust auch für mich ist, so groß auch das Gefühlschaos welches in mir ausgelöst wurde und es wird mich wohl auch noch eine zeitlang begleiten, es hat mich aber auch darin bestärkt, dass ich meinen Weg weitergehen und nie wieder zurück will!

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Samstag: (22.08.2020)

Die Nacht unterm Sternenhimmel verbracht bei tropischen Temperaturen. Am Morgen waren unsere Sachen schnell an den Fahrrädern verstaut und es ging frühzeitig auf den Track. Durch gute Ortskenntnis, war auch eine Bäckerei schnell gefunden, dass Frühstück gesichert, vor allem gab es einen Kaffee und der ein toller Fahrradtag konnte losgehen.
Die Burg Wernerseck war als erstes Highlight schnell erreicht und konnte heute auch mal besichtigt werden. Seit Jahren wird dort renoviert und das Betreten war verboten. Nachdem die Arbeiten abgeschlossen waren, durfte sie aufgrund von Corona nicht besichtigt werden und war gesperrt. Heute hatte ich endlich mal die Gelegenheit die Burg zu inspizieren.
Die Burg Wernerseck liegt über der Nette und dieser folgten wir jetzt bis nach Mayen. Der Track durch das Nettetal ist sehr abwechslungsreich was Wege und Untergründe angeht, es wird eigentlich alles geboten, was das Herz begehrt. Auch wilde und ursprüngliche Natur wechseln sich mit tollen Ausblicken ab, weil der Track auch mal hoch ins Maifeld führt und dann wieder runter ins Tal. Auch einen Teil des Nette-Schiefertraumpfads wird befahren und ist für eine Wanderung sehr zu empfehlen.
In Mayen gab es ein zweites Frühstück, bevor es über Kürrenberg und den Virenburger Traumpfad hoch zum Nürburgring ging. Dort umrundeten wir die Nordschleife, um von Adenau aus hoch auf die Hohe Acht zu klettern. Ein Besuch des höchsten Berges in der Eifel gehört selbstverständlich dazu, wenn ich für Fabian und Walter den Guide gebe.
Danach standen noch das Nitzbachtal und jede Menge Höhenmeter auf dem Programm, bevor wir es uns in der Hütte am Gänsehalsturm gemütlich gemacht haben. Hier genießen wir einen traumhaften Blick über den Laacher See und können bis zum Rhein schauen.
Was für ein toller Tag mit Freunden in der Eifel, unterwegs sein, Kilometer machen und die Natur genießen!

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Sonntag: (23.08.2020)

Die Nacht mit einem Blick über die Eifel bis zum Rhein verbracht. In der Ferne gab es hunderte von Lichtern zu beobachten, welche von Häusern, Straßen und Autos stammen und hinter jedem Licht verbirgt sich eine Geschichte und ein vielleicht ein Schicksal?
In der Stadt, wenn ich zu Nahe dran bin, überfordern mich die ganzen Eindrücke schnell.
Allerdings mit Abstand betrachtet, lässt es mich demütig werden, es beruhigt mich zu erkennen, wie klein ich in diesem Großen und Ganzen bin. Vieles im Leben hängt einfach vom Abstand und der Perspektive ab und es hilft diese Ab & Zu mal zu wechseln.
Aufgestanden sind wir recht spät und saßen so um 7:30 Uhr auf unseren Bikes. Nächste Woche beim V2B muss ich früher aus dem Schlafsack sein und auf den Track!
Dafür ging es dann direkt hoch zum Gänsehalsturm und anschließend mit einer langen Abfahrt runter zum Laacher See. Dort gab es auch eine Gelegenheit die Trinkflaschen wieder zu befüllen.
Nach der Abtei Maria Laach beginnt einer meiner Lieblingsstücke auf diesem Teil des Eifel Gravellers. Es gibt zwar viele Höhenmeter und ein paar knackige Rampen aber auch sehr dichten und naturbelassen Wald. Mit der Teufelskanzel einen atemberaubenden Blick über den Krufter Waldsee und den ein oder anderen Trail zu befahren.
Es ist auch nicht mehr weit bis zu der einzigen Verpflegungsstation auf diesem Stück und es gab endlich Frühstück. Wobei Nussecken, Milchshake, Käsebrezel, Kaffee, Kuchen, belegte Brötchen und was wir sonst noch alles dort weggeschleppt haben, nicht gerade als ausgewogen und gesund bezeichnet werden kann. Aber beim Fahrradfahren ein muss, sonst ist schnell Ende mit Druck auf dem Pedal.
Danach ging es noch zum Erlenbrunnen und der Genovevahöhle, für den Hochsimmer hatten wir leider keine Zeit mehr, da Fabian und Walter ihren Zug in Koblenz erreichen mussten.
Nach einem weiteren Bäckereibesuch begleitete ich die beiden noch bis Polch und dort verabschiedeten wir uns. War ein tolles Wochenende mit den zweien und es war mir eine Ehre, ihnen die Eifel und meine Heimat zu zeigen.
Die Rückfahrt an die Mosel habe ich noch ein bisschen zum Scouten genutzt und um in mich hineinzulauschen, wie es mir so geht.
Ist schon eine ziemlich gute Therapie, 340 km und 5500 Hm, durch die Eifel zu fahren und das zu machen, was ich mit am meisten liebe. Es sortiert so schön den Kopf und macht Platz für neues. Alle meine Gefühle und Eindrücke kann ich mal wieder an die richtige Stelle in meinem Kopf packen, welche durch die Wirrungen des Alltags durcheinander geraten sind, ein heilloses Chaos hinterlassen und kein Platz mehr für etwas anderes mehr lassen.
Auch die ganzen Erinnerungssplitter, in welche ich so regelmäßig reintrete, habe ich mal wieder in Kisten verpackt, so dass die Verletzungsgefahr nicht mehr ganz so hoch ist.
Mal alles reflektieren und gerade rücken, dafür ist im Alltag oft keine Zeit und auch kein Raum vorhanden, weil alles so schnell passiert, ein Termin auf den anderen folgt und einfach der oben schon erwähnte Abstand fehlt.
So gab es in dieser Woche einen Satz, der mich tagelang beschäftigt hat, obwohl er überhaupt nicht böse gemeint war, ganz im Gegenteil. Mich hat dieser Satz aber mal wieder völlig zum Tingeln gebracht. In der letzten Woche habe ich eine Bekannte getroffen, welche ich auch sehr mag, weil sie in vielen so gestrickt ist wie ich und wir uns zu einer Zeit kennengelernt haben, wo es mir absolut nicht gut ging. Sie sah mich und begrüßte mich mit den Worten: “Du siehst aber gut aus, haste zugenommen!?” Das war bestimmt total nett gemeint aber so ein Satz geht gar nicht gegenüber einem Ex-Magersüchtigen. Direkt ging die “du bist fett Lampe an” und die Zahnräder fangen an zu drehen. Im ersten Moment noch so ganz langsam, wie früher bei so einer alten Dampfmaschine und ich versuche dieses große Schwungrad noch anzuhalten, bevor es seine volle Drehzahl erreicht hat. Solange ich abgelenkt und beschäftigt bin, bekomme ich das auch ganz gut hin. Bloß wenn ich dann alleine bin, Ruhe einkehrt, wird dieser Gedanke immer lauter in meinem Kopf und fängt an zu arbeiten. Sind dann noch andere Dinge schwierig, von denen gab es in den letzten beiden Woche einige, stehen die Zeichen ganz schnell auf Krise. Dann sind die erworbenen Fähigkeiten gefragt, meine Ressourcen & Kompetenzen anzuzapfen und möglichst gut mit mir umgehen.
Wünsche euch noch einen schönen Ausklang des Wochenendes und einen guten Start in die neue Woche.

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„Es ist das, was du daraus machst“

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