The Hidden Track!

Freitag: (05.02.2021)

Die letzten Wochen waren psychisch nicht gerade einfach für mich, der Winter, die Kälte und das mangelnde Licht haben ziemlich an meiner Substanz genagt. Gefühlt hat es die letzten Wochen am Stück geregnet, wodurch ich in diesen Winter so wenig draußen Fahrrad gefahren bin, wie seit Jahren nicht mehr. Auch der Corona-Lockdown setzt mir so langsam richtig zu, so fast ganz ohne soziale Kontakte, ist selbst für mich, der nicht der geselligste Mensch ist, richtig hart mittlerweile.
Dadurch sind wieder einige alte Muster und Verhaltensweisen zum Vorschein gekommen, was so mein Umgang mit Nähe und Distanz betrifft, idealisieren und entwerten von Menschen, diesem Gefühl von innerer Leere, mich völlig alleine und verloren zu fühlen. Diese Achterbahn der Emotionen, von einem Extrem in das andere, war unheimlich stark die letzten Wochen und wechselte oft rasend schnell.
Dadurch ist, was meine Ressourcen und Resilienz angeht, so ziemlich alles aufgebraucht für diesen Winter.

Wobei gerade der Januar, aus diversen Gründen, für mich fast immer den härtesten Monat im ganzen Jahr darstellt. Ich bin froh, dass dieser nun endlich vorbei ist, denn im Februar merkt man schon deutlich, dass die Tage wieder länger werden und der März nicht mehr weit weg ist, welcher für mich persönlich schon so ein bisschen den Frühlingsanfang darstellt.
In diesem Jahr ist mir vor allem die frühe Rückkehr der Vögel aufgefallen. Den ganzen Winter war es morgens total still, wenn ich das Haus verlassen habe, um zur Arbeit zu fahren. Seit zwei Wochen werde ich morgens aber schon vom pfeifen und zwitschern der Vögel begrüßt, welches direkt Erinnerungen an meine Bikepacking Touren in mir wachruft und mir ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Meistens werde ich morgens, wenn ich Wald in irgendeiner Hütte übernachte, auch von den Vögeln geweckt, denen ich meist noch ein bisschen lausche, bevor ich meine Augen ganz öffne und mich aus meinem Schlafsack schäle.
Leider muss ich auf solche tollen Momente noch ein paar Wochen warten, bis meine Bikepacking Session endlich wieder startet und hoffentlich mein Winterblues vertreibt.
Allerdings so ein bisschen Bikepacking Feeling sollte es an diesem Wochenende dann doch endlich wieder geben. Auch wenn absolut katastrophales Wetter in Form von 14 Liter Regen für den Samstag gemeldet ist, dazu noch die ganzen Coronabeschränkungen, welche einen solchen Trip auch nicht wirklich einfacher gestalten, musste ich einfach raus und weg! Noch ein Wochenende alleine zu Hause verbringen und vor Regen noch nicht einmal raus zu können, danach stand mir absolut nicht der Kopf, da konnte ich auch irgendwohin fahren und dies in meinem Bus tun.

Bin ich doch seit neusten in der glücklichen Situation, einfach zu Hause meinen Bus voll zupacken und kann dann locker tagelang, was Wasser, Strom und Verpflegung angeht, völlig autark und frei sein. Mich einfach irgendwo in der Natur auf einen Parkplatz stellen und um solche Themen wie Zivilisation und Corona muss ich mir keine großen Gedanken mehr machen. Einfach draußen sein, mich nicht mehr eingeengt fühlen, wieder Luft zum Atmen bekommen und zu mir finden.
Einen solchen Lebensstil stellt für mich den Gipfel von Luxus und perfektem Leben dar! Wie wenn der Olymp in Walhalla im Nirwana liegen würde!
Dafür habe ich die letzten Wochen auch ganz schön rangeklotzt und den Ausbau des Busses vorangetrieben. Die zweite Batterie samt der ganzen Ladeelektronik habe ich eingebaut, sowie meterweise Kabel verlegt, damit ich Kühlschrank, Beleuchtung, Laptop, Wasserpumpe und was alles sonst noch so, betreiben kann. Alleine die Querschnitte und Sicherungen zu berechnen, hat mich einen Abend gekostet aber der Bus soll ja auch nicht Flammen aufgehen.
Der komplette Bus wurde von mir isoliert, welches durch die ganzen scharfen Kanten der Bleche ziemliche Spuren an meinen Händen und Armen hinterlassen hat. Dies hat mich sehr an andere Zeiten in meinem Leben erinnert, wo es “normal” war, dass meine Arme so und noch viel schlimmer aussahen. Es hat ziemlich ambivalente Gefühle in mir hervorgerufen, auch die Gefahr, dass es mich triggert, wo meine emotionale Instabilität sowieso schon recht groß war, konnte ich auch nicht von der Hand weisen.
Gerüche von Essen können dies auch bei mir auslösen oder Lebensmittel, welche ich in Supermärkten sehe, weil sie immer Bestandteil eines Fressanfalls waren. In vielen Discountern könnte ich heute noch blind einkaufen, so hat sich das in mein Gehirn gebrannt, wo die Dinge stehen und zu bekommen sind.
Aber lieber mal wieder zurück zu meinem Bus! Dort wurde der Dachhimmel von mir bezogen und eingebaut, nachdem das Dachfenster eingesetzt wurde. Dies stellte auch die einzige Arbeit dar, welche ich habe erledigen lassen. Ich besitze zwar eine Garage, allerdings kann ich den Bus dort nicht hinfahren und Blecharbeiten sollten unter trockenen und warmen Bedingungen durchgeführt werden.
Mit dem Bau der ganzen Möbel, dem Lackieren und einbauen dieser, war aber noch genug Arbeit für mich übrig. Es war auch mal ganz schön, etwas nicht selber zu machen, sondern machen zu lassen.
Auch ein neues Autoradio mit einer Rückfahrkamera habe ich mir gegönnt, ist Rückwärtsfahren mit dem langen Radstand, gerade wenn der Fahrradträger montiert ist, doch eine kleine Herausforderung. Früher habe ich viele Autoradios eingebaut, allerdings benötigt man heutzutage fast ein Elektronikstudium dafür, um dies zu bewerkstelligen. Stunden habe ich recherchiert, bis ich die passenden Adapter gefunden hatte, um das neue Radio in meinem Bus anzuschließen, damit solche Dinge wie Lenkradfernbedienung weiterhin funktionieren. Überhaupt dieses ganze Geklipste und verbaute an Abdeckungen, stellt mit die größte Herausforderung beim Ausbau eines Busses dar. Alles schön darauf ausgelegt, dass man möglichst viel abbricht, wenig selber machen kann und immer schön in die Fachwerkstatt fährt.
Auch führt in eine meiner Hecktüren ein Kabelbaum von zwei Zentimetern Durchmessern, um den Scheibenwischer, die Nummernschildbeleuchtung und die Heckscheibenheizung zu betreiben. Dabei würden dafür eigentlich vier Drähte reichen aber das Ganze kann man auch mit 15 Adern und zwei Plastikkästchen realisieren, in denen wohl noch irgendwelche Steuergeräte stecken, um diese Funktionen hinzubekommen. Von den drei Sicherungskästen, welche ich in dem Auto gefunden habe und wo es dreimal so viele Sicherungen wie in meinem ganzen Haus gibt, fange ich besser gar nicht erst an. Kein Wunder, dass Autos so teuer und die Elektronik so anfällig ist!

Eigentlich bin ich ein wenig traurig, dass jetzt alles soweit fertig ist und ich nichts mehr zum Handwerken und Schrauben habe. Vielleicht sollte ich diesen Bus wieder verkaufen und mir einen neuen zulegen, dann habe ich wieder was zum Ausbauen und Beschäftigen?
Wobei ich es noch viel spannender finden würde ein Tiny Haus auf einem Anhänger zu bauen. Mit diesem Thema bin ich mich dauernd schon so ein bisschen am beschäftigen und liebäugeln. Aber besser nicht zu viel, ich kenne mich ja, bin ich erst einmal richtig angefixt, fange ich so ein Projekt an. Zum Glück habe ich keinen Platz so ein Teil irgendwohin zu stellen und vor allem keine Halle für den Bau, sonst hätte ich wohl schon lange damit begonnen. Denn handwerklich sollte das hinzubekommen sein, ist ja eigentlich nur “Gartenhäuschen” auf Rädern und dafür muss man weder Architekt noch Ingenieur sein. Vor allem finde ich diese Lebensform total spannend, völlig reduziert, sehr nachhaltig und es würde unheimlich reizen dies einmal auszuprobieren.

Auf jeden Fall war der Bus ein tolles Winterprojekt, welches mir sehr geholfen hat, den Winter zu überbrücken und zu überstehen. Ansonsten wäre ich wohl noch mehr in diesen Borderlinestrudel geraten. Diese Mischung aus Angst- & Panikattacken, wo mir alles zu Nahe kommt und zu viel wird. Wo ich in der völligen Überforderung stecke und das Ganze schon paranoide Züge annimmt. So nach dem Motto, dich kann doch keiner leiden, dich will doch keiner haben, du machst immer alles falsch und dadurch geschieht es dir recht, dass niemand etwas mit dir zu tun haben will. Nur um dann anschließend in die totale Depression zu verfallen, wo einem eigentlich alles völlig egal ist, nichts mehr einen Sinn ergibt und am besten Schluss wäre. Wobei dies einfach der Wunsch ist, dass dieser Zustand endlich aufhört und weniger das man nicht mehr leben möchte. Aber in solchen Momenten nur schwer zu differenzieren.
Manchmal kommt es dann vor, dass mein Körper dann Stopp sagt und so eine Art Notausschalter betätigt. Dann bekomme ich um mich herum kaum noch etwas mit
und spüre gar nichts mehr, wie abgestorben. Die Welt ist dann meilenweit weg!
Meist wird dieses Abwertungskarussell durch irgendwelchen Ärger ausgelöst oder wenn ich etwas nicht hinbekommen habe. Es kann auch sein, dass ich das nur so empfinde, weil ich in Bezug auf Kritik, zurechtgewiesen werden oder etwas nicht hinzubekommen, ziemlich dünnhäutig oder empathisch bin. Schwer zu beschreiben!
Dies kann sich dann rasend schnell in totale innere Wut verwandeln, von einem Extrem in das Andere. In solchen Momenten muss ich dann völlig auf meine Impulsivität acht geben, nicht überzuborden und zu irgendeinem autoaggressiven Ventil zu greifen, denn gegen andere würde ich diese Wut nie richten.
Diese Emotionen und Gefühle kennt wohl jeder und hat sie schon einmal erlebt, allerdings multipliziere sie mit 10 oder noch mehr und du bist bei der Intensität, wie sie Menschen mit der Borderline Störung empfinden.
Mittlerweile kann ich ziemlich gut mit diesen ganzen heftigen Emotionen und Gefühlen umgehen, wobei ich oft erst einmal da stehe und genau sehen kann, was jetzt in mir abgeht und wo mich das hinführt. Als ob ich alles von außen beobachte, es aber nicht stoppen oder aufhalten kann. Dabei gibt es kaum etwas Schlimmeres als Kontrollverlust und Hilflos zu sein für mich, was das Ganze dann nochmal verstärkt. Es lässt auch den völligen Frust und die pure Verzweiflung in mir aufkommen, weil es schon wieder passiert ist, ich es wieder nicht geschafft habe, mal anders damit umzugehen oder besser noch, erst gar nicht an diesen Punkt zu geraten. Solche Situationen sind alles andere wie schön!
Aber mal genug zu diesen Themen, sonst wird es zu kompliziert, denn oft verstehe ich es selber nicht, wie ich so unterschiedlich in meinem Empfinden und meinen Reaktionen sein kann. Wobei diese Situation wohl auch jeder kennt!
Wünsche euch ein tolles Wochenende, trotz des miesen Wetters und Corona. Immer an das Motto vom Eifel Graveller denken: “Es ist das, was du daraus machst!”

„Es ist das, was du daraus machst“

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