„Grau“ ist die neue Mitte!

Samstag: (17.10.2020)

Heute ging es seit längerem nochmal auf eine Tour durch meine geliebte Eifel und dies in einer der schönsten Gegenden, welche die Eifel zu bieten hat, an den Rursee. Dort hatte ich mir bei Norbert einen Bauwagen gemietet, denn auf Bikepacken und draußen übernachten, man höre und staune, hatte ich nicht wirklich Bock. Außerdem konnte ich so endlich mal die “drei Talsperren Erweiterung” vom Eifel Graveller persönlich scouten.
Als persönliches Highlight hatte ich den Haselbachtrail in den Track eingebaut, welcher heute bei den nassen Bedingungen mit dem Gravelbike eine echte Herausforderung darstellte. Bei den vielen nassen Wurzeln rutschte mir auch einmal das Vorderrad weg und ich schlug so richtig mit dem Knie auf einem Stein auf, das hat nicht wirklich gut getan und wird wohl noch ein paar Tage schmerzen.
Besonders einladend war das Wetter heute allerdings nicht in der Eifel, die Temperaturen klettern nie über 5 Grad, es war sehr bewölkt und wolkenverhangen. Allerdings entschädigte der Track mit seinen Talsperren (Dreilägerbachtalsperre, Wesertalserre und Kaltalsperre), den Resten vom Westwall und dem Hohen Venn völlig für das nicht so tolle Wetter. Auch das leibliche Wohl kam in Form von Kaffee und Kuchen nicht zu kurz.

Es tat sehr gut mal wieder mit Freunden aufgebrochen, mich draußen zu bewegen und die herbstliche Natur zu genießen. Die letzten vier Wochen bin ich kaum auf eines meiner Fahrräder gestiegen, mir ging es nicht wirklich gut, wie es mein Therapeut ausdrücken würde: “Rezidivierende depressive Störung, mittelgradige Episode!”
Um ehrlich zu sein hatte ich eine ziemliche Krise, war recht depressiv und hatte mit meinen guten Bekannten Angst- & Panik zu kämpfen. Menschen und deren Nähe war nicht ganz so einfach zu ertragen für mich, alleine sein aber auch ziemlich doof. Meine üblichen emotionalen Schauplätze F60.31, auf denen ich öfter kämpfe oder am tanzen bin, haben mich mal wieder ziemlich auf trapp gehalten.
Die Antwort warum es zu dieser Krise gekommen ist, im Grunde genommen ganz einfach: “Ich habe nicht gut auf mich aufgepasst und war nicht achtsam mit mir!”
Schon länger habe ich bemerkt, dass es mir nicht so gut geht, wie es nach außen scheint. Es ziemlich in mir rumort, sowohl in meinem Kopf, wie in der Bauch/Brust Gegend. Wir sprechen da auch nicht von ein paar Tagen, sondern von den letzten Monaten. Immer wieder hatte ich so meine Minikrisen, schwierige Abende und emotionale Abstürze. Allerdings habe ich dem keine wirkliche Beachtung geschenkt, habe versucht es zu ignorieren und wollte es nicht wahrhaben. Stattdessen war ich nur unterwegs, habe eine Tour nach der anderen unternommen und eigentlich nur auf meinen Fahrrädern gesessen.
Fahrradfahren, draußen und unterwegs zu sein, ist eine riesen Ressource von mir. Es hilft mir unheimlich mich zu grounden, im Hier und Jetzt zu sein und mich zu spüren. Aber wie fast alle Dinge, die der Mensch erfunden hat oder betreibt, können sie hilfreich oder schädlich sein, zum Wohl eingesetzt oder als Waffe verwendet werden.
Dies kann ich auch sehr gut mit Dingen, welche eigentlich völlig positiv und anerkannt sind, auch diese können hervorragend dazu dienen, aufkommende Gefühle und da vor allem die Schlechten einfach platt zu bügeln, sie durch einen angenehmen Zustand von Erschöpfung und etwas geleistet/erreicht zu haben zu ersetzen. Es kommt wie bei allem auf die Dosis und die Motivation an, entscheidend ist die Frage warum machen wir etwas und wieviel davon?
Der Herbst hat sein übriges dazu beigetragen, dass es jetzt doch ein bisschen mehr eskaliert ist bei mir, den Herbst vertrage ich nie gut und er setzt mir immer zu. Kürzerer werdende Tage, weniger Licht und Sonnenschein sind nicht förderlich für meinen Serotoninhaushalt und ziehen diesen immer sehr runter. In diesem Jahr auch früher wie die Letzten, da von goldenem Oktober in diesem Jahr nicht wirklich die Rede sein konnte.
Wahrscheinlich hatte ich diese Art Denkzettel auch ein Stück verdient oder herausgefordert, weiß ich doch eigentlich sehr genau was mir gut tut, worauf ich achten sollte und was ich besser lasse. Wenn ich mich nicht daran halte, bekomme ich irgendwann von meinem Körper die rote Karte und an diesen Punkt hatte ich erreicht!
Ich war einfach völlig platt, physisch wie psychisch, weil ich viel zu viel unterwegs war, zuviel wollte und habe mich dabei einfach verloren. Dieses schlug dann in ziemlicher Antriebslosigkeit zurück, bei der mir dann jede Tätigkeit und Verpflichtung zu viel, alles nur noch anstrengend und völlig Kräftezehrend ist. Haushalt, Einkaufen und die alltäglichen Dinge werden zu einer absoluten Herausforderung und jedes für sich gleicht einem Marathonlauf. Der Kopf dreht allerdings eine Runde nach der anderen auf der Gedankenachterbahn und die Grübelspiralen drehen sich auf Hochtouren. Abgelöst werden diese dann nur von einem Gefühl der totalen Leere, Langeweile und nichts fühlen, was so eine Art “Notaus” des Kopfes darstellt, damit dieser nicht völlig im Chaos versinkt. Wobei angenehm ist dieser Mechanismus nicht!
Ich hasse diese emotionalen Zustände, dieses Gedankenkino und Gehrirnficken! Sie lähmen meinem Tatendrang, meine Kreativität, stellen alles von mir bis jetzt Erreichte und meine ganze Person in Frage. Sie bringen viele destruktiven Gedanken mit sich, beschwören alte Dämonen und selbstschädigende Verhaltensweisen herauf.
Dabei haben auch diese Gefühle ihren Zweck, eine Daseinsberechtigung und wollen mir etwas mitteilen. Nachdem ich dieses nach ein paar Tagen endlich mal akzeptiert und zugelassen hatte, konnte ich mich auch konstruktiv mit diesen auseinandersetzen. Mir bewusst machen, ich bin nicht das Gefühl, ihnen nicht völlig ausgeliefert, sondern diese sind in mir, ich kann sie regulieren und beeinflussen. Vor allem habe ich aufgehört dagegen anzukämpfen und sie einfach nur wegdrücken zu wollen. Ich habe sie einfach mal so stehen lassen, versucht sie nicht zu bewerten, mich dadurch nicht so von ihnen vereinnahmen und bestimmen zu lassen.
Vor allem habe ich versucht gut für mich zu sorgen, zu schauen was ich diesem Moment benötige und auch danach zu handeln. Mal Dinge im Haushalt einfach liegen lassen, nicht alles sofort und perfekt erledigen. Einfach mal das Hamsterrad anhalten und nicht eine ToDo Liste nach der anderen abarbeiten, wie ich es sonst so gerne mache. Struktur, welche sonst und eigentlich sehr wichtig ist, einfach mal zu durchbrechen und mich nicht daran zu halten. Sondern nur das Erledigen was unbedingt nötig war, wie zum Beispiel meine Arbeit, denn krank schreiben wollte ich ich auf keinen Fall lassen, aber das ist ein anderes Thema.
Schauen das ich genug Schlaf bekomme, auch wenn ich gerade mit dem oft meine Probleme habe. Einfach mal nur auf der Couch gammeln, stumpf eine Serie schauen und mal nichts leisten. Vor allem versuchen regelmäßig und ausreichend zu essen, was in solchen Krisen wohl am schwersten für mich ist, den gerade die Anorexie ist dann wieder sehr verlockend, um Kontrolle und Sicherheit zurück zu erlangen. Wobei es Kontrolle und Sicherheit nicht gibt, schon gar nicht durch Essstörung, es werden nur die Gefühle weggehungert, welche sich dann einen anderen Weg suchen um auf sich aufmerksam zu machen. Dieser Teufelskreis endet im völligen Kontrollverlust, der in meinem Fall durch Bulimie und selbstverletzendem Verhalten gekennzeichnet war und in jedem Aspekt des Lebens in den Ruin und die Isolation treibt. So verlockend diese alten Strategien in solchen Situationen auch sind, sie führen zu nichts, helfen nur kurzfristig und sind keine Lösung. Sie waren mal so ein Überlebensmechanismus, der aber ausgedient hat und nicht mehr benötigt und vor allem nicht mehr von mir gewollt wird! Dieses muss ich mir in solchen Situationen vor allem kognitiv bewusst machen, bis auch irgendwann das Gefühl und die Überzeugung dazu nachkommt.
Der viel bessere Weg ist es, nachsichtig und wohlwollend mit mir zu sein und umzugehen, mich nicht dafür zu verurteilen und fertig zu machen, dass es mir im Moment so geht und ich in diesen Zustand stecke und geraten bin. Sich dieses verzeihen, anstatt mich abzuwerten und dafür zu hassen! Vor allem mir die Zeit und den Raum geben, geduldig mit mir sein, um aus solchen Gefühlszuständen und Krisen wieder heraus zu kommen, ist ganz wichtig und der Schlüssel um sich wieder mit sich selbst auszusöhnen.
Dies ist leider nicht einfach, bin ich doch ein sehr ungeduldiger Mensch, immer sehr getrieben und die Aktion liebend. Auch mich schwach, verletzlich und angreifbar zu fühlen, ist nicht besonders schön und entspricht so gar nicht dem Bild, welches ich abgeben möchte oder anstrebe. Innerlich so zerrissen zu sein und in der Wahrnehmung meiner Identität so schwankend, ist nicht einfach zu akzeptieren und äußerst anstrengend. Auch den Zeit und den Raum zu finden ist keine leichte Aufgabe, weil ständig Dinge erledigt und von jedem erwartet werden. Sich da einfach mal rausziehen ist in der heutigen purer Luxus und nur in begrenztem Rahmen möglich.
Anders ist es allerdings nur schwer möglich Dinge wieder klarer zu sehen, sich eigentlich schon kapiertes und erlerntes wieder in Erinnerung zu rufen. Den eigenen Anspruch runterschrauben, einfach mal zu akzeptiert im Moment keinen Plan und die Kontrolle zu haben. Sich solcher Erkenntnisse zu erinnern und vor allem diese zu fühlen, dass es unnötig ist, etwas besonders sein zu wollen oder zu leisten, um irgendwie gesehen oder akzeptiert zu werden. Das ich Bestätigung oder Akzeptanz nicht im Außen finden kann, sondern mir diese selber geben muss. Das ich zuerst mir selber vertrauen muss, bevor mir das bei anderen Menschen gelingen kann. Ich auch geliebt und nicht verlassen werde, wenn ich nicht perfekt bin oder Fehler mache.
Alles Dinge, von denen ich eigentlich dachte, sie schon länger kapiert und auch verinnerlicht zu haben. Allerdings feststellen musste, dass sich wieder viele alte Glaubenssätze eingeschlichen und verfestigt hatten. Ich in vielem wieder in meinem Schwarz-/Weißdenken hänge und es viel zu wenig Grau gibt. Das es dringend Zeit war, sich mal wieder mit ein paar Dingen zu beschäftigen, vor allem mal wieder ein paar Bücher zu lesen, um Erkenntnisse aufzufrischen und mir wieder ins Gedächtnis zu rufen. Gerade das Lesen hilft mir, zu sehen das ich nicht alleine bin mit meinem Problemen, dass diese viele Menschen haben. Das dieses Kind einen Namen hat, es dadurch Ansatzpunkte und Lösungswege gibt. Vollständige Heilung gibt es wohl nicht, Krisen werden immer wieder auftreten aber gut damit leben und die Phasen dazwischen immer länger werden zu lassen, dies ist möglich und gibt Hoffnung.
Dazu bedarf es wohl ab und zu einer Bestandsaufnahme, um zu sehen wo ich stehe und sich dadurch klar zu machen, ob der eingeschlagene Weg noch stimmt und der Richtige ist. Auch eine Inventur seiner Ressourcen und Fähigkeiten durchzuführen, um sich dieser wieder bewusst zu werden oder sich dieser zu erinnern, war wohl mal wieder fällig und dieser Prozess ist auch noch nicht so ganz abgeschlossen.
Einiges wirkt immer noch nach und an ein paar Dingen werde ich wieder oder noch arbeiten müssen. Es kristallisiert sich da eine recht konkrete Liste mit Zielen und Wünschen heraus. Ein paar Erkenntnisse waren nicht so schön, welche ich durch diese Krise gewonnen oder besser gesagt mir mal eingestanden habe und mich wohl auch noch einige Zeit beschäftigen werden.
Ich habe sie aber ohne irgendwelche Rückfälle oder Kollateralschäden überstanden, es ist nicht zu einem völligen Zusammenbruch gekommen, aus welchem ich nur durch professionelle Hilfe oder Klinik herausgekommen bin. Diese Tatsache und Erkenntnis macht mich auch ein bisschen stolz und lässt mich für die Zukunft hoffen!
Wünsche euch ein schönes Wochenende und auch wenn das Wetter nicht dazu einlädt, geht einfach mal raus, atmet durch und gönnt euch eine Auszeit!

Sonntag: (18.10.2020)

War das wieder so gemütlich und kuschelig in meinem Schlafsack heute Morgen, so dass ich den Wecker noch zweimal weggedrückt habe und erst um 7 Uhr auf mein Fahrrad 
An diesem Wochenende aufzubrechen und dieses in der Eifel zu verbringen hat mich viel Überwindung gekostet. Lieber hätte ich mich bei diesem Wetter und den nicht sehr angenehmen Temperaturen zuhause verkrochen, meine Zeit auf der Couch verbracht und mir die Decke über den Kopf gezogen.
Da ich dies aber schon die letzten Wochenenden so praktiziert habe, war es an der Zeit für etwas anderes. Deshalb war es am Ende doch ein super Plan, zwei Tage an den Rursee zu fahren und mal einen Tapetenwechsel vornehmen. Das Ändern der Perspektive, mal Abstand bekommen kann oft Wunder bewirken. Dadurch sieht man mal wieder den Wald und nicht nur die Bäume.
Vor allem habe ich mich dem grauen Herbstwetter mit seinem dunklen, wolkenverhangenen Himmel und den schon recht winterlichen Temperaturen gestellt. Heute kam bei der Abreise sogar mal kurz die Sonne zum Vorschein und sofort füllt sich der Herbst mit seinen bunten Farben ganz anders an. Sogar die Heimfahrt mit dem Auto und ich fahre nicht besonders gerne Auto, war heute ein Genuss. Auf den schmalen und kurvigen Straßen durch die melancholische, herbstliche Eifel zu fahren, ständig den Track des Eifel Gravellers zu kreuzen oder zu wissen wo dieser entlang läuft, dabei in Erinnerungen und Anekdoten zu schwelgen, dabei ab und zu ein breites Grinsen im Gesicht zu haben, einfach unbezahlbar.
Auch wenn es drei kalte Tage in der Eifel waren, wobei ich schon bei Temperaturen unter 15 Grad anfange zu frieren, konnte ich meinen Akku wieder aufladen und wieder etwas mehr Frieden mit mir schließen.

Denn so gut mir die Ruhe und die Auszeit der letzten Wochen auch getan hat, nachdem ich mir dieses ein und zugestanden habe, dass ich es dringend nötig habe, weil mein Körper es eingefordert, heißt es irgendwann wieder raus gehen, sich stellen und die Verantwortung übernehmen. Es bringt ja nichts von einem Extrem ins andere zu fallen, auch wenn ich zu diesem Verhalten sehr neige und einer meiner Hauptschwierigkeiten ist. Die Sache mit dem Grau und dem dazwischen.
Denn nur ich bin verantwortlich für mich, ich muss handeln und aktiv werden, alles liegt in meinen Händen oder besser gesagt an und in meinem Kopf. Dieses hat mir die Krise wieder sehr bewusst gemacht, Verantwortung kann mir keiner abnehmen, so sehr ich mir das auch manchmal wünsche, gerade wenn es mir nicht gut geht. Jemand der mir sagt was richtig und was falsch ist, der die Entscheidungen trifft und die Führung in meinem Leben übernimmt. Der weiß wo ich hingehöre oder wer ich bin! Diese Momente und Phasen, wo dich jeder Willen und Mut verlassen hat, du in Sinn- und Hoffnungslosigkeit versinkst, sich alles nur noch bedrohlich anfühlt und dir Angst macht. Wo ich einfach nur noch denke, helft mir oder sperrt mich am besten einfach weg und lass es vorbei sein!
So funktioniert es allerdings nicht, das ist leider Illusion oder ein “Wunschtraum” in einer solchen Situation. Jeder muss selber erkennen was gut und was schlecht für einen ist, jeder muss seinen Weg selber finden und ihn vor allem gehen. Vor allem klar artikulieren und kommunizieren, wie es einem geht, was mir im Moment vielleicht gerade gut tun würde oder helfen. Im besten Fall gibt es dann Menschen, die einem helfen, die mit einem zusammen einfach nur aushalten und da sind. Die keine Vorwürfe erheben, versuchen zu belehren oder einen mit Hilfe völlig bedrängen. Die einen vielleicht sanft auf etwas hinweisen, ein Angebot unterbreiten und die Wahl lassen, ohne irgendwelche Forderungen daran zu knüpfen.
In diesem Zusammenhang fällt mir wieder die Aussage einer meiner Therapeutinnen ein: “Wir machen nur Angebote Herr Loosen, annehmen und sich einlassen müssen sie sich!” Diesen Satz habe ich lange nicht verstanden und was sie mir da überhaupt mitteilen möchte. Ich saß doch vor ihr, war in die Klinik gegangen, weil ich alleine nicht mehr zurecht kam und gescheitert war, was wollte die denn noch?
Aber sich einlassen und ein Angebot annehmen heißt soviel mehr, in erster Linie zu vertrauen, nicht zu bewerten und mal etwas neues wagen, auch wenn es am Anfang schwierig bis unmöglich erscheint.
Mit den alten Methoden und Verhaltensweisen ist man ja nicht weit gekommen, hat eine zeitlang damit überlebt aber letzten Endes ist man mit diesen gescheitert. Das neue oder das andere, welches man angeboten bekommt, kann eigentlich nur besser und gesünder sein, denn wie soll es noch schlimmer werden, wenn ich den Tiefpunkt erreicht habe? Warum an alten Zöpfen festhalten und diese nicht endlich mal abschneiden?
Ein anderer Satz meiner Therapeutin in diesem Zusammenhang war: “Zurück können sie immer Herr Loosen, das nimmt ihnen keiner weg, der Weg steht ihnen immer offen!” Auch damit hatte sie recht, wobei ich auch dafür lange benötigt habe, dies zu kapieren. Es ging nicht darum mir etwas wegzunehmen, zu verbieten oder zu verurteilen, sondern einfach nur um ein Angebot, mal etwas neues und anderes zu probieren, wo am Ende ein Stück Heilung und ein anderes Leben stehen kann.
Ganz so einfach war und ist der Weg jetzt nicht, er ist auch von Rückschlägen, Rückfällen und Zweifeln gepflastert und vor allem spielt der Faktor Zeit eine große Rolle.
Aber am Anfang steht, sich einfach mal auf den Weg zu machen und anzufangen, da gibt es auch keinen guten oder besonderen Zeitpunkt für, eine Art Offenbarung oder Schlüsselerlebnis, zumindest nicht bei mir. Ich glaube das ist ein Mythos oder etwas das es nur in Büchern und Filmen gibt. In der Realität läuft das anders ab, da sind es kleine Momente und Erlebnisse, so die Summer der einzelnen kleinen Teilstücke, welche diesen Prozess in Gang setzen und langsam die Mauer zum Bröckeln und Reißen bringt, welche wir um uns zum Schutz errichtet haben.
Seine Glaubenssätze zu ändern und seinen Selbstwert zu finden, geht nicht von heute auf Morgen und bedeutet ein langes Stück Arbeit. Dieses muss auch in einem selber stattfinden und nicht im Außen, dies funktioniert nicht oder nur kurzfristig, bei der kleinsten Kritik oder dem geringsten Zweifel von außen, liegt dieser und alles andere wieder am Boden. Wenn ich mich selber nicht mag und annehme, wie ich nun mal bin, werde ich das auch von anderen Menschen nicht annehmen können, weil ich es nicht glauben werde, sondern es mir wahrscheinlich so verdrehen werde, dass es wieder zu meinen negativen Überzeugungen und Selbstbild passt.
Ganz wichtig in diesem Zusammenhang wären noch die eigenen Glaubenssätze, welche wir verinnerlicht haben und unser inneres Mantras darstellen. Woher kommen diese, sind sie überhaupt richtig und entsprechen der Realität? Aber für heute habe ich genug geschrieben und ein bisschen was muss ich mir ja noch für meine nächsten Posts aufheben.
Wünsche euch noch einen schönen Sonntag und einen guten Start in die neue Woche!

„Es ist das, was du daraus machst“

One Comment

  • Wolfgang Wiesen

    Hallo Holger,

    ich freue mich für dich, dass du es geschafft hast, aus dem „Loch“ hervor zu klettern und dich mit dir zu beschäftigen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig das ist und gerade letzte Woche habe ich mit meinem Therapeuten noch über Werte und deren Bedeutung gesprochen. Nach einer Phase der Wiedereingliederung arbeite ich nach gut einem halben Jahr wieder selbständig und ich komme damit klar. Sicher tauchen hier und da Ängste auf, aber noch kann ich damit gut umgehen, ja sie sogar für mich nutzen. Abends bin ich dann immer arg erschöpft, was sich aber durch Schlaf gut kompensieren lässt. Leider lässt mir meine Arbeit wenig Zeit zum Radfahren und dieses Schmuddelwetter mit jeder Menge Matsch machen es mir leicht, dann doch lieber mit dem Hund zu Wandern. So bin ich wenigstens an der frischen Luft. Ich drücke dir die Daumen, dass du die tristen Monate gut überstehst und dich dann so richtig auf das Frühjahr freuen kannst.

    In diesem Sinn, von Herzen alles Gute
    Wolfgang

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