EG19 – 2 – TTG

Kurz vor 10 Uhr, gleich ist Start für Trappen Tegen Grenzen, um gegen die Finisher vom Eifel Graveller 2019! Wünsche euch genau so viel Spaß wie ich haben werde und eine schöne Woche.
https://www.followmychallenge.com/live/holger/itt

Montag: (14.09.2020)

Der Start für Trappen Tegen Grenzen heute Morgen, war etwas holprig. Mein Tracker funktionierte nicht und ich musste nochmal nach Hause den anderen holen. Tedde von Follow My Challenge hat ihn schnell umgemeldet und die Karte neu gestartet. Vielen Dank dafür und das du mir die Karte kostenlos für die Spendenaktion zur Verfügung gestellt hast.‘
Dadurch kam ich in den Genuss zweimal mit der Klottener Fähre zu fahren, verlor aber auch über eine Stunde an Fahrzeit. Dadurch bin ich nicht ganz so weit gekommen wie geplant aber das ist Bikepacking. Dafür habe ich eine traumhafte Hütte mit Blick auf die beleuchteten Manderscheider Burgen.
Weiter wollte ich heute nicht fahren, denn im dunkeln durch das Liesertal ist Quatsch, kostet doppelt soviel Zeit und ich will lieber die herrliche Natur im Sonnenschein genießen.
Da es bei Trappen Tegen Grenzen auch darum geht, auf psychische Krankheiten aufmerksam zu machen und sie mehr in das Blickfeld der Öffentlichkeit zu bringen, hier mal ein paar Zahlen

-Jeder dritte Deutsche hat mindestens einmal im Leben ein behandlungsbedürftiges psychische Problem.

– Fünf Prozent der Deutschen leiden an einer Depression

– In Deutschland haben 100.000 Menschen Anorexia Nervosa, 600.000 leiden an Bulimie.

– 12 % Prozent der Deutschen leiden an einer Angststörung (2,24 Millionen).

– 1,5 % der Bevölkerung in Deutschland leiden an einer Borderline Störung.

– 1,8 Millionen Menschen in Deutschland sind Alkohol- und 1,9 Millionen Medikamentenabhängig.

Dies ist nur ein kleiner Auszug, da es noch wesentlich mehr psychische Erkrankungen gibt, wie die von mir oben Aufgezählten. Die Zahlen zu den einzelnen Erkrankungen weichen auch stark, die Dunkelziffer an Betroffenen ist sehr hoch ist und die Übergänge fließend. Solche Dinge wie Co-Abhängigkeit sind auch nicht berücksichtigt, da jeder Betroffene auch Familie und ein Umfeld hat. Bei vielen Betroffenen gibt meist neben der Hauptdiagnosen, noch weitere, welche ebenfalls behandlungsbedürftig sind. Gerade beim Thema Sucht ist dies besonders schwierig, gilt es dort in erster Linie die Suchterkrankung zu bewältigen und abzustellen. Wobei eine Sucht in meinen Augen nur das Symptom, ein Ventil ist, welches zur Kompensation und zum Überleben dient. Dahinter steckt immer eine psychische Erkrankung wie eine Depression, eine Angststörung, Borderline oder was auch immer.
Dabei ist es wie bei jeder anderen Krankheit, je früher sie erkannt und behandelt wird, um so größer sind die Heilungschancen und je kürzer der Leidensweg. Bloß da wird es in Deutschland schwierig, weil es viel zu wenig Therapieplätze gibt. Für ein Vorgespräch bei einem Therapeuten wartet man im Schnitt ein halbes Jahr, auf Klinikplätze, gerade wenn es um spezielle Therapien geht, sieht es auch nicht viel besser aus. Mit einem gebrochenen Fuß, kann ich ja auch nicht monatelang warten, um behandelt zu werden. Dabei ist gerade bei psychischen Krankheiten schnelle Hilfe vonnöten, da oft Leben auf dem Spiel stehen, weil diese starke körperliche Folgen haben können oder gar in einem Suizid enden. Einem weiteren Tabuthema in unserer Gesellschaft.
Was mich aber viel mehr beschäftigt, ist die große Anzahl an Betroffenen und Schicksalen welche sich hinter diesen Krankheiten verbergen. Wo wohnen und befinden die sich eigentlich alle oder verstecken sie sich? Nach den oben aufgeführten Zahlen müsste es ganze Städte mit psychisch erkrankten Menschen geben.
Wie viele Betroffene kennt jeder von euch wirklich und nicht nur vom Hörensagen? Über wie viele psychische Krankheiten wisst ihr näher bescheid? Nicht nur so Halbwissen aus irgendwelchen Filmen oder was man so gehört hat. Warum führen psychische Krankheiten so schnell zu einem Stempel oder man wird in eine Schublade gesteckt, so dass es besser ist diese zu verheimlichen und bloß nicht öffentlich werden zu lassen. Gerade im Beruf und auf der Arbeit, ist es in ganz vielen Bereichen fast nicht möglich offen damit umzugehen.
Wird eine psychische Krankheit als Schwäche angesehen wird, als ein Makel, den es in unserer heutigen Gesellschaft nicht geben darf und für den es keinen Platz gibt.
Klar sind psychische Krankheiten nicht besonders greifbar und vieles nur schwer vorstellbar. Warum hungert sich ein Mensch fast zu Tode, warum schneidet sich jemand seinen Arm auf, wieso will jemand nicht mehr leben?
Das ist schwer nachvollziehbar, kaum zu verstehen, es macht Angst und löst viel Hilflosigkeit aus. Wir müssten vielleicht auch mal über uns selber nachdenken, mal vor der eigenen Haustüre kehren, wenn ich anfange mich mit diesen Themen zu beschäftigen.
Auch ich habe Jahre benötigt, um mir einiges einzugestehen, mir viele Fragen zu stellen, mich mit ein paar Themen auseinanderzusetzen, deshalb weiß ich sehr genau, wie schwer dies ist und das es richtig weh tut.
Das ich psychisch krank bin, durfte es in meiner Vorstellung nicht geben, ich war nicht anders! Statt dessen habe ich meine Probleme verdrängt, sie mit ungesunden Verhaltensweisen versucht zu kompensieren, irgendwie den Deckel drauf zu halten und mir bloß nichts anmerken zu lassen. Dass dies nicht ewig funktioniert und keine gute Strategie ist, dafür muss man wohl kein Genie sein. Über kurz oder lang führt dies zu Katastrophe und hätte mich in irgendeiner Weise wohl irgendwann mein Leben gekostet.
Dies ist ein langer Prozess, welcher noch lange nicht abgeschlossen ist bei mir, wahrscheinlich werden mich einige Themen mein ganzes Leben begleiten und ich mit verschieden Baustellen immer zu kämpfen haben.
Worum es mir bei dem Ganzen aber vor allem geht, ist mehr Offenheit und Verständnis. Psychisch erkrankt zu sein, ist schon schwer genug und das wünsche ich niemanden. Dann nicht offen damit umgehen zu können, sich fast schämen zu müssen, abgestempelt und stigmatisiert zu werden, macht es doppelt hart und hilft nicht sehr bei der Genesung.
Solche Sätze wie: “Stell dich nicht so an”, “Reiß dich doch mal zusammen”, “Jedem geht es mal schlecht”, “Iss doch einfach normal, dass kann doch nicht so schwer sein” oder ähnliche Sätze, gehen gar nicht!
Auch nicht auf Krankheiten oder Menschen hinweisen, denen es noch schlechter geht, ist für mich ein absolutes No-Go! Als ob es da ein Ranking gibt und mir das Leid eines anderen hilft, mich besser zu fühlen oder meine Situation als nicht so schlimm zu empfinden.
Vielleicht einfach mehr zuhören, nicht direkt unterbrechen, wenn ihr solche Dinge erzählt bekommt. Nicht direkt den “Handwerker” rausholen und Lösungsansätze aufzeigen, dies ist wahrscheinlich gut gemeint, macht aber viel Druck und ist nicht besonders hilfreich. Nicht bewerten, nicht soviel analysieren und vergleichen, sondern einfach nur da sein, zuhören und zusammen aushalten!

Dienstag: (15.09.2020)

War das wieder so gemütlich und kuschelig in meinem Schlafsack heute Morgen, so dass ich den Wecker noch zweimal weggedrückt habe und erst um 7 Uhr auf mein Fahrrad gestiegen bin. Wahrscheinlich haben mich schon alle PacMan’s gefressen und überholt.
Ist aber nicht weiter schlimm, geht ja um Anneke Krols Spendenaktion Trappen Tegen Grenzen und darum Spaß zu haben.
Und den hatte ich am Morgen, stand doch das härteste Stück des Eifel Gravellers 2019 auf dem Programm. Sechs Kilometer Bike & Hike im Liesertal, welches 2019 zu einer horrenden Scratchingrate und einem kleinen Shitstorm geführt hat! Ich persönlich liebe dieses Stück, auch wenn es nicht mehr Teil des offiziellen Tracks ist, sondern nur noch als Alternative aufgeführt ist.
Die Natur ist spektakulär im Liesertal, es herrscht die totale Einsamkeit und ständig wechselt die Perspektive. Vor allem die klare, kühle Luft am Morgen lässt mich tief und frei Atmen. Dieses Stück bringt mich an meine Grenzen, da es fahrtechnisch auf höchstem Niveau mit einem bepackten Gravelbike spielt und körperliche Schwerstarbeit bedeutet. Da hilft nur mich einzulassen, meinen Rhythmus zu finden und vor allem geduldig zu sein. Nicht auf die negativen Dinge schauen: die steilen Rampen, die vielen steinigen Trails, die geringe Anzahl an Kilometer, welche ich zurück lege, meine schmerzenden Arme vom vielen Tragen & Schieben und so weiter, dass bringt mich nicht weiter und frustriert mich nur. Viel besser ist es bei mir und achtsam zu sein. Die Herausforderung anzunehmen und zu genießen, einfach eintauchen in diese schroffe und wilde Natur. Umso schöner war es, als ich das Liesertal bezwungen hatte und in Wittlich wieder ausgespuckt wurde. Dort gab es endlich Kaffee, ein Frühstück, Strom und eine Toilette. Was für ein Genuss und Fest nach dieser Plackerei.
Der Rest vom Tag war nicht weniger anstrengend, es gab viele Höhenmeter zu bezwingen und das bei Temperaturen über 30ig Grad. Aber auch viele tolle Eifelhighlights und herrliche Landschaft zum Entdecken.
Dabei ist es mir ehrlich gesagt selten so schwer gefallen mit dem Fahrrad aufzubrechen wie dieses mal für Trappen Tegen Grenzen. Hätte ich diese Aktion nicht schon so lange geplant und so viel Herzblut hineingesteckt, es hätte sein können, dass ich zuhause geblieben und mich verkrochen hätte. Allerdings wollte ich auf keinem Fall Anneke hängen lassen und noch weniger sollten die Dämonen gewinnen. Gerade wo es bei dieser Aktion auch darum geht, auf psychische Krankheiten aufmerksam zu machen, wäre es ein Hohn gewesen, mir die Spendenfahrt genau davon kaputt machen zu lassen. Gerade deshalb bin ich gestern doch gestartet, auch wenn mein Kopf nicht wirklich beim Radfahrern war, sondern mit meinen komischen ziemlich destruktiven Gedankenspiralen beschäftigt war. Es war gestern ein richtig harter Tag, vor allem wo Nähe und Distanz ziemlich schwierig zur Zeit bei mir sind und gerade so Dinge wie einkaufen die Hölle. Gerade die Maskenpflicht ist in diesem Zusammenhang besonders kritisch für mich. Klar, es ist völlig sinnvoll diese zu tragen und darüber gibt es keine Diskussion. Aber durch diese Dinger zu atmen, wenn man sich sowieso schon völlig beobachtet fühlt, schon eine halbe Panikattacke hat und schwer Luft bekommt, ist nicht wirklich angenehm. Durch die Maske fällt auch viel Mimik weg, welche jeder Mensch so hat. Lachen, Grinsen oder den Mund verziehen ist nicht mehr gut erkennbar. Auch wie panisch zum Teil die Menschen einem aus dem Weg gehen finde ich manchmal schwer einzuordnen. Klar, dass ist nicht persönlich gemeint, weiß ich auch aber gerade wenn es mir nicht gut, ich sowieso schon Probleme mit meinen Grenzen und meiner Identität habe, ziemlich schwierig für mich.
Leider gibt es immer wieder Krisen bei mir, wobei ich wirklich versuche gut auf mich aufzupassen, Thema Selbstfürsorge. Dinge sein lasse, von denen ich weiß, sie tun mir nicht gut. Für genug Ruhe und Entspannung sorgen, wobei das eine ganz große Herausforderung für mich ist. Für ausreichenden und erholsamen Schlaf sorgen, war nicht ganz so einfach die letzte Zeit. Vor allem aber ausgewogen, genug und strukturiert zu essen, ist immer das wichtigste Thema bei mir. Nicht wieder anfangen hier was austauschen, da was weglassen und heißt es wieder: “ Hallo Essstörung“! Auch den Sport nicht übertreiben, damit die Kalorien verbrennen und das Ganze als Sportbulimie betreiben.
So geht es vielen Menschen mit einer psychischen Erkrankungen, sie sind oft am kämpfen und nicht immer ist ihr Verhalten auf Anhieb zu verstehen. Auch die Vorstellung, welche viele Menschen haben, nach einer Therapie oder gar einem Klinikaufenthalt wäre wieder alles gut, muss ich leider zunichte machen! Dem ist nicht so, gerade nach einem Klinikaufenthalt geht der Kampf erst richtig los. Wenn diese schützende Käseglocke wegfällt und der Alltag wieder voll zuschlägt, ist die Gefahr für Rückfälle extrem hoch.
Aus diesem Grund finde ich den Verein (Eulenspiegel) so gut für den Anneke sammelt. Dieser schließt genau diese Lücke, welche Betroffene oft haben zwischen ihrem Therapeuten und sonst alleine mit ihren Problemen herum wurschteln. Denn Freunde und Familie sind oft zu Nahe dran, ihnen fehlt der Abstand und auch professionelles Know How.
Deshalb hoffe ich es kommt viel Geld zusammen und Annekes Aktion wird ein voller Erfolg!

Der Landesblick Meerfeld ist erreicht, war eine schweißtreibende Angelegenheit. Weiterhin viel Spaß beim Dotwatching und fleißig für Trappen Tegen Grenzen spenden & Werbung machen!

Mittwoch: (16.09.2020)

Der Rursee ist erreicht, mein nächstes Ziel ist Norbert Wortberg Campingplatz (Natur bewegt dich) wo ich hoffentlich eine Dusche bekomme! Um Corona Bestimmungen muss ich mir schon länger keine Gedanken mehr machen, da ich mittlerweile nicht mehr wirklich so gut rieche.
Hier nochmal alle Infos für Trappen Tegen Grenzen:
https://eifel-graveller.de/trappentegengrenzen

 

Nachdem ich mir gestern Abend, einen leckeren Teller Spaghetti Bolognese, in der Pizzeria in Kaltenherbergen einverleibt hatte, war mein Plan dort auch zu übernachten. Es gibt da so eine Art Bushaltestelle, mit einer Bank & einem Tisch davor und gegenüber ist eine Bäckerei. Damit wäre am Morgen mein Kaffee schon mal kein Problem gewesen. Außerdem hätte ich die ganze Nacht mit Blick auf den beleuchteten Eifedom verbracht. Allerdings war da ein Betrieb und Lärm wie auf dem Bahnhof und nach 10 Minuten hatte ich die Faxen dicke. Also wieder auf mein Fahrrad und noch ein bisschen durch die Nacht fahren.
Nachts durch den Wald fahren ist etwas ganz spezielles, es ist völlig still, keine Vögel oder sonstige Geräusche sind zu hören, nur ab und zu ein Rascheln und Knacken im Unterholz. Was aber jedes mal bei mir für einen kleinen Adrenalinschub sorgt, sind die leuchtenden Augen irgendwelcher Tiere in der Dunkelheit. Danach ist man hellwach und die Beine kurbeln wieder richtig gut.
Kurz hatte ich mit dem Gedanken gespielt noch bis zur Beni Hütte zu fahren aber da hätte ich noch bis Hellenthal gemusst. Die Beni Hütte war vor beim EG19 fast entschiedent für den Ausgang um den 1. Platz. Dort gibt es nämlich kein Handynetz und die Tracker können keine Position übermitteln, so das es
Benni Schotter fast gelungen wäre, Guido Dreesen morgens zu überraschen, weil er früher aufgebrochen war. Ich muss jedes mal Lachen, wenn Guido mir die Geschichte erzählt, wie er in 5 Minuten seine Sachen gepackt hatte, wieder auf seinem Fahrrad saß, damit Beni ihn nicht überholt.
Überhaupt gibt es kaum einen Kilometer auf dem Track des Eifel Graveller, der nicht mit einer Geschichte oder einem Erlebnis verbunden ist, so oft habe ich ihn schon befahren. Sei es zum Scouten, mit Freunden oder während dem Event.
Allerdings scheint es diesmal so zu sein, daß ich nicht den ganzen Track schaffen werde. Die Nideggen- und Vogelsangschleife musste ich schon auslassen, ansonsten werde ich nicht am Donnerstag Abend oder Freitag Morgen wieder zuhause sein, damit ich nach Antwerpen starten kann, um mit Anneke Krols die letzte Etappe zusammen zu fahren. Damit werde ich Off the Track gewertet werden. Dies ist für mich aber nicht weiter schlimm, war die Spendenfahrt doch sowieso mehr als Urlaubstour, mit fotografieren, ein wenig schreiben und viel Social Media geplant. Guido würde sagen: „Genießen und gut gehen lassen!“ und damit hat er vollkommen recht.
Ehrlich gesagt bin ich auch ein bisschen platt und nach dem V2B ist ein wenig die Luft raus bei mir. Die Session war lang und meine Bikepackingtouren zahlreich. Mein Körper braucht auch mal ein bisschen Erholung und eine Pause. Dies ist eine ziemlich gute Erkenntnis für mich, sind dich gerade meine körperlichen Grenzen immer nicht so ganz einfach für mich. Allerdings mal schauen wie viel Erholung mein Kopf ihm zu gesteht? Die Zwei liegen öfter im Klinsch und sind sich selten einig. Früher herrschte regelrechter Krieg zwischen den beiden, bis sie sich fast gegenseitig zerstört hätten. Auch heute noch gehört meine Körperwahrnehmung nicht zu meinen Stärken und mit meinem gestörten Körperbild hadere ich oft. Gut oder zufrieden gibt es da sowieso fast nie, höchstens eine gewisse tolerierbare Akzeptanz.
Objektiv gesehen weiß ich auch, daß ich von dick sein weit entfernt bin aber oft habe ich ein ganz anderes Gefühl. Vor allem wenn es mir nicht gut geht, ich Stress oder Krach habe, kippt es ganz schnell und die Essstörungsstimme in meinem Kopf wird wieder lauter. Manchmal schreit sie regelrecht, lockt mit dieser trügerischen Kontrolle & Sicherheit, wie schön unsere Beziehung doch war und das sie immer für mich da ist. Das war es aber nicht, sondern die von mir selbst erschaffene Hölle, welche mich 7 Jahre meines Lebens gekostet, mir 5 Klinikaufenthalte eingebracht und jahrelange ambulante Therapie beschert hat. Trotz alledem lockt sie immer noch und ihr zu widerstehen kostet mich viel Kraft und Energie. Auch viele andere Kriterien, meiner eigentlichen Diagnose, halten mich oft auf Trap und machen mein Leben nicht unkompliziert. Es wird wohl nie langweilig werden und immer spannend bleiben, auch wenn ich mich immer um größte Stabilität und Ausgeglichenheit bemühe. Stabile Instabilität nennen das die Profis.
Ansonsten war es ein sehr schöner Tag gestern. Das Wetter und die Temperaturen waren perfekt fürs Radfahrern und die Eifel zeigte sich von ihrer schönsten Seite. Vor allem wie abwechslungsreich und vielfältig die Landschaft und die Natur sind, begeistert mich immer wieder. Es gibt tiefe Täler, schroffe Berge, jede Menge Wald aber auch flaches Land. Für jeden Geschmack ist etwas dabei!
Übernachtet habe ich in einer Hütte auf die ich schon lange scharf bin. Liegt sie doch mitten im dichten Tannenwald, an einer Kreuzung von zwei Waldwegen und im Umkreis von 10 km gibt es keinerlei Zivilisation. Die Hütte könnte locker in einer Folge von The Walking Dead mitspielen, wo die Untoten aus Wald stolpern, um die Überlebenden zu fressen. Zum Glück habe ich mal den Zombie Survivel Guide gelesen, deshalb werde ich keine Probleme haben, die Zombieapokalypse zu überleben.

Donnerstag: (17.09.2020)

Heute Morgen habe ich mich doch ganz schön alt gefühlt, als ich mich von meiner Matratze erheben wollte. So ein Badewannenlifter wäre nicht schlecht gewesen, der mich auf mein Fahrrad setzt. Dabei hatte ich um 6 Uhr den Wecker schon einfach ausgestellt, mich nochmal schön eine Stunde in meinen Schlafsack gekuschelt und das Aufstehen so hinausgezögert. Die Temperaturen in der Eifel waren über Nacht auch empfindlich gefallen. Gab es vor 2 Tagen noch über 30ig Grad, waren es heute Morgen gerade noch 8 und es blies auch kräftig der Wind! Wobei dies nicht weiter tragisch war, hatte ich doch schon Temperaturen am Morgen von gut unter Null in der Eifel.
Nachdem ich die Beine dann schön langsam warm gekurbelt hatte, war meine erstes Ziel die Oleftalsperre und damit Hellenthal schnell erreicht. Dort gab es endlich Kaffee, ein Frühstück, eine Toilette und 4G. Wie ich dann über Facebook erfuhr, hatte Anneke Krols heute einen Tag Pause eingelegt, ihre Beine waren schwer und der Rücken tat ihr weh. Auf diese Entscheidung kann sie richtig stolz sein und sie hat alles richtig gemacht! Sie hat auf ihren Körper gehört, sich nach ihm gerichtet und getan was ihr gut tut. Genau über dieses Thema, hatte ich in meinem letzten Post auf Fb auch geschrieben und über die Probleme, welche ich damit habe. Ich kann mir genau Annekes Gedankenkarussell, Selbstzweifel und wahrscheinlich auch Selbstvorwürfe vorstellen, bis sie sich zu dieser Entscheidung durchgerungen hat.
Ein selbst gestecktes Ziel nicht zu erreichen, noch dazu bei einer Aktion, wo man von vielen Menschen beobachtet wird und dann Schwäche zeigen zu muss, ist richtig hart. Nicht perfekt zu, sich vielleicht auch überschätzt zu haben, Erwartungen nicht zu erfüllen und schwach zu wirken, gehört auch für mich mit zu den schlimmsten Vorstellungen die ich habe. Auch zu den härtesten und schlimmsten Erfahrungen, welche ich machen musste.
Aber meinen riesen Respekt, dass sie es sich eingestanden hat und dann einfach ihre Pläne & Ziele angepasst und geändert hat. “Auch mal Schwäche zeigen, ist die neue Stärke”, kann ich dazu nur sagen!
Nachdem ich meine Fahrt, mit einem guten Frühstück und zwei Kaffee im Bauch fortgesetzt hatte, waren auch meine Beine wieder gut und es lief wie geschnitten Brot! Dies war auch dringend nötig, stand doch der übliche Eifelstyle mit Auf & Ab auf dem Programm.
Über Dahlem ging es runter an die Ahr, um dann den langen Anstieg Richtung Nürburgring in Angriff zu nehmen. Bevor es zum 2. Mal runter an die Ahr geht, gibt es ein Stück, welches aus einem mit gras bewachsenen Feldweg besteht, welcher sehr buckelig und nicht schön zu befahren ist. Für die 2020 Ausgabe des Eifel Gravellers hatte ich diese Stück durch ein besseres ersetzt, allerdings musste ich es heute nochmal fahren, war ich doch auf dem alten Track unterwegs. Vor mir tauchten auf einmal zwei riesige Pfützen auf, welche sich in den Fahrspuren befanden. Rechts und links des Weges war Gestrüpp, so das dies auch keine Alternative war, um drum herum zu fahren. Also beschloss ich durch die Mitte zu fahren, da diese im Normalfall super befahrbar ist, weil es dort die Fahrzeuge nicht schaffen, den Weg kaputt zu machen. Dies war leider ein Trugschluss und die Idee in der Mitte zu fahren, mehr als suboptimal. Innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde kam mein Fahrrad zum Stehen und nur weil ich so langsam gefahren war, katapultierte es mich nicht über den Lenker, denn dann wäre ich schön mit dem Gesicht im Matsch gelandet. Stattdessen war mein Fahrrad bis zu den Steckachsen und dem Tretlager im Matsch eingesunken und nachdem ich die Beine abgestellt hatte, standen auch diese bis zu den Knöcheln im Schlamm. Nachdem ich abgestiegen war, mir das ganze Schlamassel mal angeschaut hatte, hat es noch eine Ewigkeit gedauert, bis ich mein Fahrrad aus dem Schlamm befreit hatte. Wenn die Situation nicht so komisch gewesen wäre, hätte ich heulen können, sah doch ich und mein Fahrrad aus wie Sau! Nachdem ich die Laufräder mit meiner Trinkflasche einigermaßen sauber gemacht hatte, so dass diese sich wieder drehen konnten, setzte ich meine Fahrt fort und erreichte schon bald den Nürburgring.
Der Nürburgring gilt als einer der Wahrzeichen in der Eifel, liegt er doch unter der Nürburg und der Hohen Acht, welche das Dach des Eifel Gravellers bildet. Ich allerdings tue mir ziemlich schwer mit dieser Rennstrecke, alleine schon durch ihre Erbauer und die Historie. Auch ist eine solche Rennstrecke, in meinen Augen, in der heutigen Zeit nicht mehr vertretbar. Wirtschaft und Arbeitsplätze hin oder her, solche Auswüchse kann sich die Menschheit nicht mehr leisten. Was dort aus purem Spaß an Co2 produziert wird, ist der reine Wahnsinn. Von der Lärmbelästigung und wie viele Tote diese Rennstrecke schon gekostet hat, ganz zu schweigen. Vor allem glauben viele Besucher des Nürburgrings, die ganze Eifel wäre eine Rennstrecke, so dass gerade Rennradfahren auf den Straßen rund um den Nürburgring, eine äußerst gefährliche Angelegenheit darstellt.
Am Nürburgring musste ich dann leider, aus zeitlichen Gründen, den Track verlassen und bin auf der Straße zurück an die Mosel gefahren. Ich wollte unbedingt am Abend zuhause sein, damit ich in Ruhe meinen Kram auspacken und alles für meine Fahrt nach Antwerpen vorbereiten konnte. Dort will ich am Sonntag zusammen mit Anneke die letzte Etappe von Trappen Tegen Grenzen fahren und sie ins Ziel begleiten.
Auf dem Rückweg, legt ich noch einen kleinen Zwischenstopp, am Grab meines vor ein paar Wochen verstorbenen Freundes ein. Diese Tragödie habe ich immer noch nicht wirklich verarbeitet und so ganz für mich akzeptiert, auch wenn ich mal wieder viel darüber nachgedacht habe, auf meiner Fahrt durch die Eifel. Sein Gesicht habe ich immer noch völlig präsent vor Augen, auch wenn ich es nie wieder sehen werde. Seine Stimme klingt noch immer in meinen Ohren, auch wenn diese nie wieder hören werde und es macht ich immer noch unendlich traurig, dass er nicht mehr da ist!
Ansonsten hat mir die Fahrt durch die Eifel sehr gut getan, ich bin wieder einigermaßen bei mir angekommen und im Reinen mit mir, nachdem die letzte Woche ziemlich schwierig war bei mir und ich eigentlich gar nicht starten wollte.
Unterwegs zu sein, keinen festen Ort zu haben und sich immer irgendwie im dazwischen zu bewegen und zu fühlen, tut mir komischerweise sehr gut. Wahrscheinlich weil es mein inneres widerspiegelt, dieses Gefühl, welches ich oft habe, dass ich nirgendwo dazu oder hingehöre. Selten das Gefühl habe zuhause zu sein oder irgendwo angekommen. Mich einlassen und mich binden gehören zu den ganz schwierigen Dingen in meinem Leben. Meine Verlustängste und die Angst vor Nähe stehen mir da oft im Weg, machen viel kaputt oder lassen erst gar nichts zu! Zum Beispiel mich zu verlieben, was für die meisten Menschen zur schönsten Sache auf der Welt gehört, ist für mich der pure Horror! Nichts bringt mich mehr ins Schwimmen, löst mehr Zweifel in mir aus und hinterlässt mehr Chaos, wie dieser “Vorgang”.
Deshalb stehe ich wohl auch so auf das Bikepacken, weil ich völlig minimalistisch unterwegs bin, meine Sachen in 20 Minuten gepackt und ich verschwunden bin. Zu verlieren gibt es auch nicht viel, weil ich nur das Nötigste dabei habe und mich völlig frei und ungezwungen fortbewegen kann!
Damit aber mal genug Psychokram und Geschichten aus der Eifel für diese Woche! Wünsche euch noch einen schönen letzten Arbeitstag und dann ein wohlverdientes Wochenende!

Trappen Tegen Grenzen Tag 4:
Nachdem ich heute Morgen so einen Badewannenlifter hätte gebrauchen können, der mich auf mein Fahrrad hebt, läuft es mittlerweile wieder wie geschnitten Brot. Den Nürburgring habe ich mittlerweile auch erreicht und werde hier leider vom Track gehen. Ansonsten schaffe ich es nicht heute Abend wieder zuhause zu sein, um meinen Kram zu packen und Morgen nach Antwerpen zu fahren.
Selbst über die Straße sind es noch einige Kilometer und Höhenmeter bis an die Mosel und 90 km stehen jetzt auch schon auf dem Garmin.
Hoffe ihr hattet genau soviel Spaß mit meiner Fahrt durch die Eifel wie ich und seit genauso gespannt auf Sonntag, wenn Anneke Krols finished!

Samstag: (19.09.2020)

Heute eine letzte Trainingseinheit mit Guido Dreesen, dem amtierenden Eifel Graveller Champion, in Antwerpen und unseren neuen Fahrrädern absolviert, um Morgen die letzte Etappe mit Anneke Krols für Trappen Tegen Grenzen zu fahren. Auch auf eine ausgewogene Ernährung und ein Yogaprogramm, für den Kopf und das Ziel zu fokussieren, wurde geachtet. Vor dem Training fand eine letzte Taktikbesprechung mit Berten De Canne statt, der mir wertvolle Tipps aus seinen Teilnahmen vom Highland Trail und dem Silk Road Race mit auf den Weg gab.

Sonntag: (21.09.2020)

Heute endete Trappen Tegen Grenzen damit, dass Anneke wieder in Lier eintraf. Dort wurde sie von ganz vielen Menschen mit tosendem Applaus in Empfang genommen. Sogar das Fernsehen war erschienen, Anneke gab ein Interview, ein großer Scheck wurde überreicht und sie groß gefeiert. Anschließend erzählte sie bei Bart de Keyser im Podcast noch ausführlich von ihren Erlebnissen und Begegnungen.
Was für ein toller Abschluss für ihre Spendenfahrt und diese tolle Aktion! Meinen größten Respekt vor ihrer Leistung . 
Damit endete auch für mich eine aufregende und sehr schöne Woche! Bikepacken in der Eifel, mein Besuch in Antwerpen und so weiter. Soviel Eindrücke und Ereignisse in so einer kurzen Zeit, dass muss ich auch erst einmal alles verarbeiten und vor allem ab Morgen wieder in meinen Alltag reinkommen. 
So richtig bekomme ich zu diese Woche noch nicht in meinem Kopf sortiert, über so viele Themen, zum Teil sehr persönlich, habe ich geschrieben. Dieses war mir sehr wichtig, denn nur Offenheit und Ehrlichkeit bringt mich weiter oder besser gesagt, hilft mir das ich zu mir komme und bei mir bleibe. Ich hoffe diesen Weg werde ich weiter gehen, denn es gibt noch einige Themen über die ich aus verschiedenen Gründen noch nicht geschrieben habe.

„Es ist das, was du daraus machst“

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