#RideWithFriends

Freitag: 12.06.2020:

“Der Track, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2020. Dies sind die Abenteuer 2er MTB’s und eines Gravelbikes, die mit seinen 3 Mann starken Fahrern 7 Tage unterwegs sind, um fremde Gegenden zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele Kilometer von zuhause entfernt dringen die Bikepacker in Gegenden vor, die schon Menschen zuvor gesehen haben.“
Wären wir eine bekannte Fernsehserie, könnten dies die Eröffnungsworte sein, denn wir sind aufgebrochen, um einen ganz neuen Track von mir zu scouten. Der Westwall Divide (https://eifel-graveller.de/westwall-divide).
Zu meiner großen Freude bin ich auf dieser Tour auch nicht alleine unterwegs (https://www.followmychallenge.com/live/holger). Meine Begleitung bilden die ersten beiden Finisher des Eifel Graveller 2019. Guido Deesen und Beni Schotter.
Zwei ganze starke Bikepacker, welche beide den EG19 in unter drei Tagen bestritten haben. Da werde ich mich ganz schön strecken müssen, um mit den beiden mitzuhalten, bin ich doch gut eine Dekade älter wie die beiden. Allerdings steht das Entdecken der Reste des Westwalls und das Ausprobieren des Tracks im Vordergrund. Wie sagt Guido immer mit seinem niederländischen Akzent, wenn wir zusammen unterwegs sind: “Wir lassen es uns gut gehen!”
Warum eine Westwall Divide oder was ist meine Intention zu dieser Strecke?
Durch meine vielen Scoutingtouren in der Eifel, bin ich ständig auf die Reste des Westwalls gestoßen. Irgendwann beim Radfahren begann die Idee in meinem Kopf zu reifen, eine Bikepackingroute entlang des Westwalls zu kreieren und ich fing an ein bisschen zu googeln. Zudem sendete der SWR in dieser Zeit einen abendfüllenden Bericht über den Westwall und speziell über den Bau und der Kriegsverlauf in der Eifel. Ein sehr sehenswerter Dokumentarfilm (https://www.swr.de/…/did=2422…/nid=100754/1n7et5m/index.html), welchen ich nur empfehlen kann.
Bei solchen Beiträgen, bin ich wirklich froh, dass es den Rundfunkbeitrag gibt. Ansonsten würde es wahrscheinlich nur noch so einen Trash wie “Milf oder Missy oder “Beauty & the Nerd” im Fernsehen laufen. In meinem Augen sind solche Serien Volksverdummung und gehören verboten, schlimm was alles im Fernsehen gezeigt werden darf. Dies spiegelt in meinen Augen aber den ganz normalen Trend wieder, der in vielen Bereichen unseres Lebens und der Gesellschaft statt findet. Hauptsache polarisieren, Klischees bedienen und extrem muss sein. Ansonsten wird es nicht wahrgenommen, registriert und vor allem nicht konsumiert. Dabei frage ich mich, sind wir schon so abgestumpft, dass uns nur solche Dinge erreichen? Wollen wir von unserem eigenen Leben ablenken, weil wir damit nicht klar kommen und zufrieden. Benutzen wir dieses zum Zudröhnen und uns Wegschicken, um sich nicht mit sich selber zu beschäftigen? Oder reizt uns dieses Fremdschämen, wenn wir uns so etwas anschauen.
Denn früher habe ich auch viele dieser komischen Sendungen konsumiert, muss ich leider ehrlich sein und zugeben. Bei mir ging es auch viel darum, dass keine Stille herrscht, immer so eine Berieselung stattfindet und irgendetwas meine Gedanken übertönt. Lieber ablenken und irgendetwas konsumieren, wie ständig zu grübeln und sich das Gedankenkarussell dreht. Es diente sehr dazu die innere Leere und Langeweile zu füllen, meine Zeit tot zu schlagen, weil ich mit dieser und vor allem mir, nicht viel anfangen konnte oder wollte.
Was ich heute noch oft schaue sind Kochsendungen, welche wohl so ein Überbleibsel aus meiner Zeit der Essstörung sind. Denn wie las ich neulich in einer Autobiografie einer Betroffenen: “Kochsendungen sind Pornos für Essgestörte”!

Jetzt bin ich aber weit vom Thema Westwall und worauf ich eigentlich hinaus wollte abgeschweift. Durch meine Recherchen zum Thema Westwall, stellte ich fest, dass dieser sich bis an die Schweizer Grenze erstreckte und das es noch unzählige Überreste entlang dieser Linie gibt. Deshalb fing ich an alle Bunker, Höckerlinien, Gedenkstätten, Museen, Soldatenfriedhöfe, Arbeitslager und vieles mehr, in den Track der Westwall Divide zu integrieren und hoffe nach und nach immer mehr hinzufügen zu können, dass dieser kontinuierlich wächst.
Bis jetzt bin ich leider noch nicht dazu gekommen, den Track oder Teile davon zu scouten, deshalb fällt es mir schwer eine Aussage über den Charakter der Route zu treffen, was Wegbeschaffenheit, Flowigkeit und Schönheit der Strecke angeht. Wobei diese Punkte, anders wie beim Eifel Graveller, nicht im Vordergrund stehen. Es soll um eine Reise entlang eines wahnwitzigen Kriegsbauwerks gehen, welches beeindruckten und bedrückend zugleich ist. Und ich hoffe die Überreste bleiben lange erhalten, als Mahnmal gegen den Wahnsinn des 2. Weltkriegs und des Nationalsozialismus.
Die Themen Nationalsozialismus, 2. Weltkrieg und so weiter, interessieren mich schon sehr lange. Besonders „faszinierend“ und erschreckend finde ich, wie ein ganzes Volk zu Tätern, Mitläufern und Opfern werden konnte. Besonders die Frage, wie ich mich damals verhalten hätte oder aus mir geworden wäre, finde ich spannend und weiß sie abschließend nicht zu beantworten.
Hoffe ihr begleitet uns auf unserer Fahrt entlang eines sehr dunklen Kapitels deutscher Geschichte, wobei auch der Spaß den wir haben und die guten Geschichten, welche wir erleben, nicht zu kurz kommen werden!

Samstag: (13.06.2020)

Diese Bikepackingtour mit Benni Schotter und Guido Dreesen verdanke ich Corona, den eigentlich hatten wir alle drei ganz andere Pläne. Guido wollte in der Schweiz das “Hope 1000” fahren. Eines der härtesten “Bikepackingrennen”, welches 1.000 km und 30.000 hm vom Bodensee nach Montreux durch die Schweizer Alpen führt. Dieses fände ich ja noch ganz spannend und wäre eigentlich genau meine Disziplin, wenn da nicht die astronomischen Preisen in der Schweiz wären. Vor allem wenn ich an die Menge an Lebensmittel denke, damit ich am Tag auf 5.000 bis 7.000 Kalorien komme, müsste ich wohl einen Kleinkredit aufnehmen. Wobei die Schweizer Bergwelt und ihre Pässe ein Traum sind.
Beni wollte eigentlich schon lange nicht mehr in Deutschland sein, sondern als Entwicklungshelfer im Nordirak. Aber da alle Flughäfen geschlossen sind, muss er solange warten bis er ausreisen darf. Mich hat das sehr gefreut, denn so konnten wir uns nochmal sehen und sogar zusammen Radfahren. Denn die Chancen, dass ich mal mit Fahrrad im Nordirak vorbei komme und ihn besuche, stehen eher gegen Null. So ein Abenteuer liegt weit jenseits meiner Komfortzone!
Meine Pläne sahen eigentlich so aus, dass ich zum Tanusbikepacking wollte. Schön am Mittwoch zum Treffen anreisen und ab Donnerstag ein paar Tage mit rollen. Für die gesamte Strecke hätte mir die Zeit gefehlt.
So habe ich alles ein bisschen umgestellt und ich kann einen ersten Teil der Westwall Divide scouten.
Deshalb kam Guido schon am Mittwoch zu mir und wir fuhren Freitagmorgen ganz früh mit dem Zug nach Trier. Dort trafen wir Beni und los ging es.
Zuerst ein bisschen einrollen an der Saar und dann ging das Klettern los und biken in traumhafter Natur. Etliche Bunker und Höckerlinien lagen auf dem Track. Leider waren die drei Westwall Museen alle geschlossen, so dass wir die Bunker nicht besichtigen konnten. Aber einen Bunker haben wir gefunden, der begehbar war.
Ansonsten haben wir noch die Saarschleife besucht, durch die Fahrräder und Zeitmangel haben wir es nicht geschafft den Baumwipfelpfad zu besteigen. Das werde ich aber unbedingt noch nachholen.
Heute ging es als, absolutes Highlight auf die Halde Duhamel, wo der Saarpolygon steht.
So langsam sehe ich auch aus wie nach einer Schlacht am Westwall. Eine mit Gras bewachsene Bodenrille übersah ich und legte mich hin. Dabei schürfte ich mir genau die Stellen an Knie und Ellbogen wieder auf, welche bei meinem Sturz am Samstag mit dem Rennrad schon Haut verloren hatten. Später kippte ich dann noch mit dem Fahrrad in eine Dornenhecke und habe mir jede Menge Schrammen zugezogen. Hier auf dem Track der Westwall Divide ist voller Körpereinsatz gefragt und kleinere Verwundungen gehören dazu.
Wie ihr seht haben wir das Beste aus den Coronafolgen gemacht. Das Aufspüren und Erkunden der alten Bunker macht jede Spaß. Auch gibt es viele Geschichten zu erzählen und viel zu lachen.
Im Leben immer das Beste aus der Situation machen, darauf kommt es an. Es kommt sowieso immer anders als man denkt, in diesem Jahr wohl für jeden von uns. Dann gilt es sich neue Ziele zu setzen und Pläne zu schmieden. Für mich als ziemlich strukturierten Menschen, der auch immer versucht alles möglichst effektiv zu gestalten, nicht immer ganz einfach. Von meinen gefassten und wohl überlegten Plänen abzuweichen, denn diese haben für mich auch immer viel mit Kontrolle und Sicherheit zu tun.
Vor allem wenn es um das Thema Essen und Einkaufen geht, bin ich scheiße unflexibel. Gerade Einkaufen ist etwas, was mir immer noch schwer fällt, ich ganz schnell überfordert bin und in Panik gerate. Vor allem wenn es die Sachen nicht gibt, welche ich kaufen wollte, es in dem Laden voll und laut ist. Essen gehen ist immer eine ziemliche Herausforderung für mich, weil ich immer ewig die Karte studiere, bis ich mich entscheide. Buffet mag ich gar nicht, das treibt mir heute noch die Schweißperlen auf die Stirn.
Im Großen und Ganzen hilft mir Struktur und eine Strategie zu haben sehr, es gibt mir Halt und eine Anleitung, damit ich mich nicht verzettele oder das Chaos herrscht. Wobei die Grenze sich von der Struktur “beherrschen” zu lassen, von seinen Plänen und Ritualen nicht abweichen zu können, sehr schmal ist. Gerade bei der Anorexie ist eine typische Komorbidität der Hang zum zwanghaften Verhalten. Zu diesem nicht sehr schönen Thema könnte ich auch einiges schreiben.
Letzten Endes läuft es immer auf mein zentrales Thema “Grenzen und die Mitte” hinaus!
Deshalb ist es immer eine ganz gute Übung, wenn Dinge auch mal durcheinander geraten und einfach anders laufen. In diesem Fall bedeutet es eine klasse Bikepackingtour mit zwei tollen Menschen.

Vor allem wenn es um das Thema Essen und Einkaufen geht, bin ich scheiße unflexibel. Gerade Einkaufen ist etwas, was mir immer noch schwer fällt, ich ganz schnell überfordert bin und in Panik gerate. Vor allem wenn es die Sachen nicht gibt, welche ich kaufen wollte, es in dem Laden voll und laut ist. Essen gehen ist immer eine ziemliche Herausforderung für mich, weil ich immer ewig die Karte studiere, bis ich mich entscheide. Buffet mag ich gar nicht, das treibt mir heute noch die Schweißperlen auf die Stirn.
Im Großen und Ganzen hilft mir Struktur und eine Strategie zu haben sehr, es gibt mir Halt und eine Anleitung, damit ich mich nicht verzettele oder das Chaos herrscht. Wobei die Grenze sich von der Struktur “beherrschen” zu lassen, von seinen Plänen und Ritualen nicht abweichen zu können, sehr schmal ist. Gerade bei der Anorexie ist eine typische Komorbidität der Hang zum zwanghaften Verhalten. Zu diesem nicht sehr schönen Thema könnte ich auch einiges schreiben.
Letzten Endes läuft es immer auf mein zentrales Thema “Grenzen und die Mitte” hinaus!
Deshalb ist es immer eine ganz gute Übung, wenn Dinge auch mal durcheinander geraten und einfach anders laufen. In diesem Fall bedeutet es eine klasse Bikepackingtour mit zwei tollen Menschen.

Sonntag: 14.06.2020:

Heute Morgen mussten wir uns leider von Benni Schotter verabschieden, er muss am Montag arbeitstechnisch in Stuttgart sein. Da er bald in den Irak fliegen wird, werden wir uns wohl die nächsten 2 Jahre nicht mehr sehen. Umso größer ist meine Freude das wir noch eine Bikepackingtour zusammen unternehmen konnten. Ich bin schon sehr gespannt seinen weiteren Lebensweg im Irak zu verfolgen. Auch auf seinen Blogbeitrag über seine Fahrt entlang des Westwalls auf Velosperspektive bin ich schon sehr gespannt und werde ihn euch verlinken.
Ansonsten haben Guido Dreesen und ich heute unsere Jagd auf die Bunker fortgesetzt. Schon vor dem Frühstück hatten wir 5 Stück entdeckt, bevor es endlich in die Bäckerei ging. Dort gab es endlich einen Kaffee und eine Toilette. Denn gerade das Thema Verdauung wird unter Bikepackern immer heiß diskutiert und ist oft durchaus rennentscheidend. Aber weiter möchte ich das Thema an dieser Stelle gar nicht vertiefen.
Unsere Reise führte uns vom Saarland, durch die Pfalz, nach Frankreich, bevor wir Karlsruhe erreichten. Dort wurden wir von meinem Freund Andrew Grau empfangen. Heute mal keine Hütte und draußen schlafen, sondern eine Dusche und Vollverpflegung. Es gibt nicht geileres wie nach 3 Tagen eine heiße Dusche und eine Waschmaschine. Vor allem nach einem Tag wie heute, der immer nasser und kälter wurde.
Das beste ist Andrew wird sich uns Morgen anschließen, wir werden den Track der Westwall Divide verlassen und den Pfälzer Waldpfad in Angriff nehmen. 2018 zur Vorbereitung auf die BTG habe ich diesen schon einmal befahren und wollte ihn unbedingt nochmal unter die Räder nehmen.
Wünsche euch einen guten Start in die neue Woche und hoffe ihr verfolgt unsere Fahrt auf Follow My Challenge.

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Montag: (15.06.2020)

Heute haben wir den Track der Westwall Divide verlassen und sind auf den Pfälzer Waldpfad eingebogen. Mit Andrew Grau sind wir auch wieder zu dritt und können abends auf der Hütte Skat spielen.
Mit Andrew bin ich die ersten drei Tage beim BTG 2018 zusammen gefahren. Er brachte meine Zeitplanung für den Event gehörig durcheinander. Aus angepeilten 10 Tagen sind 7 geworden. Ehrlich gesagt, wusste ich vorher nicht, dass ich zu so langen Distanzen, mehrere Tage hintereinander, fähig bin. Vielen Dank für diese Erfahrung!
Darüber hinaus ist Andrew der Organisator von Vosges2BlackForest. Einem Bikepackingevent, welches 1000 km und 20000 hm durch den Schwarzwald und die Vogesen führt. Diesen musste ich im letzten Jahr aus gesundheitlichen und technischen Gründen leider scratchen. Aber dreimal dürft ihr raten, wer bei der 2. Ausgabe als erster wieder auf der Starterliste stand? Diese Scharte muss unbedingt von mir ausgewetzt werden. Auch Guido Dreesen hat sich angemeldet.
Denn gerade das Vogesenstück versuche ich seit 4 Jahren zu befahren, da dieser Track ganz oben auf meiner Liste steht. Aber irgendwie war immer etwas anders und ich habe es nie geschafft und das eine Mal musste ich aufgeben. Dabei gehören die Vogesen zu dem schönsten wo ich bis jetzt mit dem Fahrrad unterwegs war. Sie sind vergleichbar mit den Ardennen, die Anstiege allerdings höher und länger und die ganze Landschaft ist noch schroffer und wilder. Dazu die kleinen Dörfer und Städtchen, mit ihrem französischen Charme ergeben eine ganz tolle Kulisse zum Bikepacken.
Unseren Track heute starteten wir auch mit den ersten 40 km vom Track des V2B, den dieser Teil geht unter anderem über den Lauertrail. Ein absolutes Sahnestück was Moutainbikefahren angeht. Nicht gerade das Geläuf für mein Fuji aber wo der Gravel aufhört, fängt der Spaß erst richtig an.
Danach ging das Klettern im Pfälzer Wald los und dieser steht der Eifel in nichts nach. Lange und steile Anstiege, riesige Wälder und Felsen kennzeichnen den Pfälzer Wald. Heute Abend haben wir einen wunderbaren Schlafplatz auf dem Luipoldturm gefunden. Da die Hütte unten belegt war, schlafen wir in 35 Meter Höhe auf dem Turm. Dieser steht auf dem 610 Meter hohen Weißenberg.
Ich freue mich schon auf den traumhaften Ausblick Morgenfrüh, wenn die Sonne aufgeht!

Dienstag: (16.06.2020)

Das Erwachen auf dem Turm war wunderschön, der Nebel waberte in den Tälern und der Fernblick war atemberaubend. Allerdings waren in der Ferne auch schwarze Wolken zu sehen und der Regen ließ nicht lange auf sich warten. Diesen ließen wir vorbei ziehen, genossen ein ausgedehntes Frühstück und es gab ja auch noch viele Bikepacking Geschichten auszutauschen.
Andrew Grau verabschiedete sich dann von uns und fuhr wieder zurück nach Karlsruhe.
Guido Dreesen und ich setzen unseren Weg auf dem Pfälzer Waldpfad fort. Es ging über endlose, schmale Trails und ständig auf und ab. Wirklich flach ist es nie und das Geläuf, gerade nach dem Regen, äußerst anspruchsvoll. Mein Fuji scheint auch ein paar Endurogene zu haben, denn es ist ein riesen Spaß damit über die Trails zu räubern. Selbst bepackt, nimmt es Wurzeln und Steine, wie ein fliegender Teppich. Ein paar Schiebe- und Tragepassagen waren auch zu meistern, denn es gab auch etliche S2 bis S3 Stellen. Aber Bike & Hike finde ich nicht schlimm, denn nur so gelangt man zu den geilen Spots.
Überhaupt ist dieser Track ein Traum, vor allem wegen der vielen beeindruckenden Burgruinen und mächtigen Felsformationen. Er ist noch schöner wie ich ihn in Erinnerung hatte. Selbst in meiner geliebten Eifel ist es schwer, soviel Trail und perfekten Waldweg an einem Stück zu finden. Mein Prädikat: absolut Empfehlens- und Befahrenswert aber auch gute Kondition und Fahrtechnik sind erforderlich.
Kurz vor Kaiserslautern hat uns dann ein schweres Gewitter erwischt, das Wasser lief in Bächen über die Straße und selbst mit Regenklamotten wurden wir durch nass. In Kaiserslautern steuerten wir den ersten Dönerladen an, könnten uns einen großen Dönerteller und saßen das Gewitter aus. Hier endet auch der Pfälzer Waldpfad und der nächste Track führt uns durch die Pfalz und den Hunsrück zurück an die Mosel.
Aber dazu Morgen mehr.

Mittwoch: (17.06.2020)

Heute haben wir den Track der Westwall Divide verlassen und sind auf den Pfälzer Waldpfad eingebogen. Mit Andrew Grau sind wir auch wieder zu dritt und können 
Gestern Abend sind Guido und ich noch bis kurz vor Mitternacht gefahren, bevor wir einen schönen Schlafplatz auf einem Sportplatz direkt neben der Nahe gefunden hatten. Zwischendurch hatte ich mit dem Gedanken gespielt durchzufahren, aber Guido war nicht wirklich dafür zu begeistern und die Luftmatratze und der Schlafsack waren dann doch zu verlockend, vor allem weil ich einen traumhaften Blick in den Sternenhimmel hatte.
Nach einem langen Tag im Sattel, gibt es nichts schöneres als in seinen Schlafsack zu kriechen, die Luftmatratze fühlt sich an wie ein Himmelbett und besser kann das Leben kaum sein.
Heute Morgen ging es bei Zeiten weiter, da Guido nicht zu spät in Klotten sein wollte und es lagen noch ein paar Kilometer vor uns. Auf den ersten 10 Kilometer gab es dann direkt 300 Höhenmeter zu bewältigen und auch der Kaffee ließ noch einige Zeit auf sich warten. Da es schon der 6. Tag war, dauerte das Eingrooven der Beine dementsprechend lange und auch mein Hintern meldete sich so langsam.
Nach einem großen Kaffee, einem Käsebrötchen und einem Puddingteilchen sah die Sache aber schon wieder ganz anders aus, die Beine kurbelten wieder munter und auch mein Hintern fühlte sich wieder wohl auf dem Sattel.
Es ist schon Wahnsinn, wie viel Zeug ich an so einem Tag in mich hineinstopfe, um meinen Kalorienbedarf zu decken und Power zum strampeln zu haben. Gestern waren das:
2 belegtes Brötchen, 2 Stücke Kuchen, 2 Teilchen, 1 Pizza, 1 Packung saure Zootiere, 1 Packung Nüsse, 1 Packung Schokokekse, 4 Riegel aller Art, 1 Packung Mettwürstchen, 2 Milchshakes, 3 Kaffee, 6 Liter Schorle, 2 Fanta und irgendetwas habe ich bestimmt noch vergessen.
Oft kommt mir das Einkaufen beim Bikepacken so vor, wie früher, als die Essstörung mein Leben bestimmt hat und es Tage gab, wo ich das zehnfache Einkaufen war, um meine Sucht zu befriedigen.
Denn Bulimie ist die Hölle auf Erden, alles dreht sich nur ums Einkaufen, Fressen und Kotzen. (Sorry für meine Wortwahl aber das ist der einzige Ausdruck welcher passt.)
Sie bestimmt immer mehr dein Leben, bis überhaupt kein Platz mehr für Familie, Freunde, Hobbys oder irgendetwas ist. Vor allem nimmt sie jegliche Lebensfreude, bügelt alles an Gefühlen und Emotionen platt, bis nur noch eine leere Hülle übrig bleibt.
Sie zwingt zum Lügen und Betrügen, treibt in die völlige Isolation. Es gibt auch nicht viel erniedrigenders, wie sich den Finger in den Hals zu stecken und alles wieder in die Kloschüssel zu befördern. Sein Geld würde man besser verbrennen, das würde einen wenigstens körperlich nicht völlig kaputt machen.
Wenn ihr Menschen kennt, die an dieser schrecklichen Krankheit oder einer anderen Essstörung (Magersucht, Bulimie, Binge Eating) leiden, versucht sie vorsichtig, ohne Vorwürfe oder Lösungsvorschläge zu unterbreiten, darauf anzusprechen. Viele wünschen sich nichts mehr, wie endlich darüber zu reden und Hilfe zu bekommen, um aus diesem Teufelskreislauf aus Verheimlichen und Täuschen herauszukommen. Alle Betroffenen schämen sich sehr für ihr “krankes” Verhalten, welches den letzten Rest an kaum noch vorhandenen Selbstbewusstsein, völlig kaputt macht.
Im Internet gibt es ein großes Angebot an Anlaufstellen und Institutionen, wo es möglich ist, Hilfe und Unterstützung zu bekommen. Eine Essstörung ist keine Life Style Diagnose oder irgend so ein Modelkram, sondern eine schwere psychische Erkrankung mit der höchsten Sterberate bei psychischen Erkrankungen.
Ich will aber mal wieder auf meine Bikepackingtour mit Guido zurück kommen, wobei es mir ein großes Anliegen ist, ein bisschen Aufklärungsarbeit im Zusammenhang mit psychischen Krankheiten zu betreiben. Denn obwohl so viele Menschen davon betroffen sind, psychische Erkrankungen in der heutigen Zeit enorm zunehmen oder jeder jemanden kennt, der an irgendeiner psychischen Störung leidet, wird verdammt wenig darüber geredet, wenn wir ehrlich sind!
Es existieren leider auch immer noch viele Vorurteile und skurrile Vorstellungen gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen. Auch was die Themen Therapie, Klinik/Psychiatrie und allem was damit zusammenhängt angeht, stoße ich oft auf große Ahnungslosigkeit oder Berührungsängste.

Jetzt aber endgültig zurück zu meiner Bikepackingtour mit Guido! Wie oben schon erwähnt, lief es nach dem Frühstück wieder wie geschnitten Brot. Bergauf und Bergab ging es durch den Hunsrück, sogar die Sonne kam zum Vorschein und die Kilometer flogen nur so dahin. Kurz vor Mittag erreichten wir dann Beilstein und rollten die letzten Kilometer die Mosel entlang zurück nach Klotten. Dort wurden zuerst die Fahrräder gewaschen, bevor es auch endlich für uns eine Dusche gab. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, nach Tagen auf dem Fahrrad, draußen geschlafen und gelebt zu haben, sich unter eine heiße Dusche zu stellen. Mit Geld nicht zu bezahlen!
Insgesamt legten wir auf unserer Tour durch das Saarland, Frankreich, Baden Württemberg, den Pfälzerwald und den Hunsrück, über 700 km und 11000 Höhenmeter zurück. Es gab tolle Natur, traumhafte Trails, Burgen, Bunker, Flüsse und Drachenzähne zu bewundern. Vor allem möchte ich mich bei meinen Begleitern (Guido Dreesen, Benni Schotter und Andrew Grau) für diese tolle Bikepackingtour, die vielen Erlebnisse und Begegnungen bedanken! Diese Tour wird mir lange in Erinnerung bleiben und ich werde lange von ihr zerren.
Auch bin ich schon heiß wie Frittenfett auf “Vogesen 2 BlackForest”, wo ich fast alle wiedersehen werde und es Bikepacken vom Feinsten geben wird.
Außerdem haben Guido und ich noch einen neuen Plan geschmiedet, eine Bewerbung für ein Bikepackingevent, welches im Februar 2021 stattfindet. Die meisten werden jetzt wissen, welches Event ich meine, der Rest muss sich überraschen lassen!

„Es ist das, was du daraus machst“

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